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Kolumne Knapp überm BoulevardVerratene Verräter

Isolde Charim
Kolumne
von Isolde Charim

Wollen Sie die politische Situation verstehen, die derzeit in Kärnten (das ist jenes "exterritoriale" Bundesland von Österreich, das als Haider-Land bekannt wurde) herrscht? Dann lesen Sie mal.

A lso da gibt es die FPÖ, das ist jene rechtsextreme Partei, die unter Jörg Haider unvorstellbare Wahlsiege einfuhr und es bis zur Regierungsbeteiligung brachte. Kurz danach kam es zu einer spektakulären Spaltung - einer weiteren in einer langen Reihe - und Haider gründete in einem Handstreich eine neue Partei, das BZÖ ("Bündnis Zukunft Österreich"), dessen hauptsächlicher Daseinsgrund darin bestand, unliebsame Parteigenossen loszuwerden.

Das ist die typische Geschichte dieser Rechten, die nicht zwischen Partei - also einer Organisation, die unterschiedliche Gruppierungen und Flügel vereint - und einheitlicher Sekte unterscheiden können. So war auch das BZÖ vor allem ein Verein der Freunde Jörg Haiders. Und das Erstaunlichste war, dass dieser Verein auch nach seinem Tod fortbestand - eine posthume Sekte gewissermaßen. Sie haben mit dem Toten sogar einen Wahlkampf erfolgreich bestritten. Nicht, dass es in anderen Parteien keine Flügelkämpfe gäbe, aber nirgendwo werden diese heutzutage so unerbittlich und mit solch weitreichenden Konsequenzen betrieben.

Es ist eine ständige Re-Sektisierung, um immer wieder extreme Bindungen, neue Gefolgschaften herzustellen. Kaum verbreitert sich so eine Gruppe, kommt es schon zu einer Spaltung - wie dieser Tage wieder. Die Kärntner Landesgruppe des BZÖ hat sich, im Gefolge des Hypo-Adria-Skandals, von ihrer Partei abgespalten und hat sich leicht ödipal mit der FPÖ, ihrer alten Mutterpartei, wiedervereint. "Verrat", rufen nun die verbliebenen BZÖler - also jene, die vor kurzem noch selbst die Verräter waren und heute die Verratenen sind.

Verrat ist das Kennzeichen von geschlossenen Gruppen. Nur dort, wo es unhaltbare Loyalitätsbindungen gibt, kann es zum Verrat kommen. Die Zahl der Verräter, ja sogar die Zuordnung, wer nun die Verräter und wer die Verratenen sind, lässt sich mittlerweile nicht mehr festlegen. Und das bei einer Gruppierung, die ihre Ehre - ganz im Sinne der SS - als Treue definiert! Das Merkwürdigste an diesen permanenten Spaltungen der Rechten ist aber, dass sie ausgerechnet jene ereilen, die ihre Politik als Bewahren verstehen. Dauernd beschwören sie ihre Tradition und werfen sich als Gralshüter von allem auf: von Heimat, Familie, Nation. Aber jede Spaltung bedeutet eine Neugründung. Jedes Mal muss die "Tradition", die "Heimat", die "Authentizität" neu hergestellt werden. Die einzige wirkliche Tradition der extremen Rechten ist die permanente Spaltung.

Und ihre viel beschworene Einheit, wie sieht sie nun aus, die Geschlossenheit des rechten Lagers? Also in Kärnten gibt es jetzt das BZÖ als Gesamtpartei, die davon abgespaltene Landesgruppe, die sich mit den Freiheitlichen nach einem CDU/CSU-Modell wiedervereinigt hat und nun unter dem Namen "Freiheitliche in Kärnten" (FPK), im Volksmund aber FIK genannt, firmiert. Neben dem FIK gibt es aber auch noch die FPÖ Kärnten, die sich mit dieser Splittergruppe nicht vereint, die sich also von der Abspaltung abspaltet. Müssen wir das verstehen? Nein, das müssen wir nicht.

Wollen Sie mir jetzt sagen, Österreich sei ein Operettenland? Die harmoniesüchtige Operette scheint aber nicht ganz das richtige Modell. Denn diese Gruppen hassen sich bis aufs Blut. Sie haben ihre Feindpolitik - gegen die Fremden, gegen die Anderen, gegen die Oberen - völlig verinnerlicht. Das funktioniert wie ein Bumerang, der ihnen ihre Botschaft zurückbringt. Wenn Sie nun fragen, was unterscheidet die eigentlich, mit freiem Auge lässt sich das doch nicht ausmachen! Dann verweise ich Sie auf "Das Leben des Brian", wo die kleinen Grüppchen sich nur noch gegenseitig bekämpfen: "Die Einzigen, die wir noch mehr hassen als die Römer", sagt der Anführer der Volksfront von Judäa, "sind die von der scheiß Judäischen Volksfront." Ein Monthy-Python-Land also. Nur - das Lachen bleibt einem im Hals stecken, wenn man bedenkt, dass rund ein Drittel der Österreicher die Volksfront von Judäa wählen. Oder die Judäische Volksfront.

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5 Kommentare

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  • NW
    Nicht wichtig

    Informieren sie sich mal über Hassattacken gegen die Slowenische Minderheit, mit denen Heider und seine Freunde immer wieder auf Stimmen Jagd gegangen sind und immer noch gehen. Bis heute ist es ihnen gelungen auch mit physischer Gewalt die Aufstellung der Zweisprachigen Ortstafeln in zweisprachigen Orten zu verhindern, obwohl Österreich in Staatsvertrag dazu verpflichtet ist. Schauen sie auch mal auf die Heimatdienstveranstaltungen, wer dort anwesend ist und was für Ikonographie sie pflegen... Dann werden sie auch dem Vergleich zwischen Nazis und Heiderpartei besser verstehen.

  • TG
    Thomas Gauss

    Ein Beitrag, der die Bezeichnung "Kolumen" nur schwer verdient.

     

    Mich erinnern diese Zeilen eher an einen Artikel in einer Parteizeitung einer linksextremen Partei. Voller Hass, lächerlicher Polemik und mit sehr sehr wenig Inhalt macht sich die taz hier zum Sprachrohr jener Personen, die nicht auf Diskussion und Argumentation aus sind, sondern nur darauf alles was nicht eindeutig "links" ist, mit der Nazi-Keule zu erschlagen.

     

    Wenn das zum Stil der taz wird, ist ihr Anspruch ein kritischer Begleiter der politischen und gesellschaftlichen Vorgänge zu sein, nur schwer aufrecht zu erhalten.

  • HS
    Herrn Schmilz

    ... ein Monty Python-Land.

    Das erstreckt sich jedoch über Kärntens Grenzen hinaus auf Österreich und Europa.

    Die Italienische Linke kann das, die Deutsche Linke auch, die Englische Ultrarechte die immerzu neue Separatisten für Schottland, Wales und was auch noch alles abwirft ...

    Nur das drittel der Wählerstimmen, das macht dem Kärntner Strukturvertrieb so schnell keiner nach.

    Nicht mal ehemalige Volksparteien wie die Sozialdemokraten ...

  • SS
    Svetozar Schnuckelberger

    Ist die Tendenz zum Sektierertum denn auf der linken Seite des Spektrums nicht mindestens genauso groß (und zwar ganz zwangsläufig, weil der Marxismus-Leninismus letztlich eine gnostische Strömung ist, bzw. sich zur Wissenschaft so verhält wie die Gnosis zur Religion, siehe etwa Alain Besançon, Les Origines intellectuelles du léninisme, 1977)?

  • PH
    Peter Hartung

    Was soll man zu diesem Artikel noch sagen. Polemisch, Nazivergleiche ohne Belege...Traurig. Ist das der deutsche Qualitätsjournalismus?

     

    Die TAZ entwickelt sich immer mehr zur zweiten BILD-"Zeitung".

     

    Was man letztendlich festellen kann, wen jemandem die Inhalte fehlen, dann verlagert sich eine Debatte in Worthülsenwerferei und ununterbietbarer Subjektivität.

     

    Hartung