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Kolumne Heimatkunde SeenplatteBrüten und Brüllen

Kolumne
von Georg Wagner

Schön, wenn der ehemalige Demminer Kreistagssaal zumindest hin und wieder noch genutzt werden. Nur kennt noch nicht jeder seine Tücken.

J ugendhilfe verbindet, jedenfalls ältere Leute. Dirk Schürgut zum Beispiel machte dank der Jugendhilfe zum ersten Mal die 90 Kilometer lange Reise nach Demmin, berufsbedingt. Dirk Schürgut ist Leiter Allgemeine Soziale Dienste beim Landkreis Mecklenburgische Seenplatte und so blieb ihm nichts anderes übrig, als die Dienstfahrt in den Norden anzutreten, wo der Jugendhilfeausschuss im alten Demminer Kreistagssaal zusammenkam.

Alt ist der Saal zum einen, weil dort seit der Kreisgebietsreform kein Kreistag mehr tagt. Die Anzeige „Sitzung nicht stören“ vor den Türen leuchtet nur noch selten auf und drinnen, wo die Sternsinger katholisch-traditionsbewusst ihr „C + M + B“ auf die Türstöcke schrieben, kündet der letzte Segen vom Jahr 2011.

Alt zum anderen, weil der Saal noch aus Kaisers Zeit stammt und mit Wandgemälden, Stuck und hohen Gewölben repräsentativ aussieht. Das durfte Schürgut auf eigene Weise erfahren. Kaum hatte er von seinem Platz an der Eingangstür aus zu reden begonnen, wurde er aufgefordert, weiter in die Mitte des Saales zu kommen. Die Akustik leidet unter dem wilhelminischen Zierrat, was für den Ausschussvorsitzenden Peter Ritter von der Linkspartei aber nichts Neues ist.

Bild: privat
Georg Wagner

52, aufgewachsen im bayerischen Schwaben. Seit 1992 ist er Redakteur beim Nordkurier, zunächst in Templin, dann in Demmin, wo er Chefreporter im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte ist.

Für Ritter, langjähriges Kreistagsmitglied in Demmin, war die Sitzung im einstmals Hohen Hause fast so etwas wie eine Heimkehr. Dementsprechend launisch zog er manche Erinnerung heran. „Wir mussten hier schon immer schreien“, munterte er Schürgut auf. Wenigstens konnte sich alle dank Hausmeister und Oktobersonne über mollige Wärme im Saal erfreuen. Früher habe er hier immer gefroren, erinnert sich Ritter. „Da haben wir wohl etwas falsch gemacht.“

Oder es war einfach nicht alles gut in der guten alten Vorreform-Zeit.

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