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Kolumne GerüchteEnjoy your pain!

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Ein Urlaub im Ayurveda-Resort in Indien muss durchgestanden werden. Dazu die originale Rundmail von Theresa.

M eine Freundin Theresa vertritt die Ansicht, gerade Frauen müssten lernen, sich mehr Luxus zu gönnen, ohne hinterher Schuldgefühle zu haben. Einfach mal lernen, auch "nein" zu sagen zu den Widrigkeiten der Umwelt und stattdessen an sich zu denken.

Bild: taz

Barbara Dribbusch ist Inlandsredakteurin der taz.

Stimmt ja, die Frage lautet nur, was genau ist "Luxus" für die Frau ab 40 ? Ein hochkaloriges Magnum Weiß schlecken bei jedem Kinobesuch? Eine Gletschertour mit sündhaft teurem Tiroler Bergführer? Aus dem indischen Kerala kam vergangene Woche diese Rundmail von Theresa, mit dem Betreff: "Exhaaaale iiinhale breathe", die ich zur Info jetzt mal kommentarlos im Original weiterleite. Im Anhang schickte sie übrigens ein Foto von drei fröhlichen rothaarigen Frauen in Bademänteln, um deren Köpfe Bananenblätter gewickelt waren. Das Glossar untendrunter stammt von mir.

"Liebe FreundInnen,

jetzt haben wir schon eine Woche hinter uns. Hier ist es traumhaft, wir sitzen auf der Terrasse und vor uns rauscht der Ozean. Die erste Welle ist gemein und hat schon einige Frauen das Fürchten gelehrt. Auch mich, aber es zieht mich jeden Tag hinein. Es gibt dort einen netten uralten Inder, der mich sozusagen einweist und wieder herauswinkt. Überhaupt sind die Keralis sehr nett zu uns, auch wenn wir ihnen nur ab und zu etwas abkaufen. Die Sprache heißt Malayalam, man beachte, dass man es auch rückwärts lesen kann. Den Betreff habe ich aus der täglichen Yogastunde von unserem Meister.

Sechs Ölmassagen haben wir schon hinter uns, und zwei Stirngüsse, etliche Kräuterklopfmassagen. Das Essen ist super, vegetarisch und jeden Tag Fisch. Anfangs wurden wir in Typen eingeteilt, Susi und Gitte sind Vatta-Typen, ich Pitta. Kapha sind die etwas Dickeren. Danach richtet sich unsere Medizin und die Anwendungen, die Art des Öls. Ab und zu sehen wir "Westerner" mit einem Bananenblatt um den Kopf gewickelt und einem Erdklecks auf dem Kopfchakra in unserem Resort mit Frauenüberschuss im Alter von 50 plus minus. Inzwischen haben wir das mit den Bananenblättern auch hinter uns.

Gestern war ich bei der Footmassage, allerdings wurde ich von den schrundigen Füßen der Masseurin beknetet, was ab und zu etwas rau war. Der Tag der inneren Reinigung war ein grauenvoller Tag. Morgens um sechs musste ein braunes Gesöff getrunken werden, dann sollte man zwei Liter Wasser trinken, was ich aber nicht geschafft habe. Danach musste ich vor aller Augen göbeln (erbrechen), und mir war den ganzen Tag schlecht, während Susi die Toilette okkupiert hat. Unsere Dritte im Bunde ist erst heute dran. Im Übrigen halten sich meine Bremer Freundinnen sehr streng an die Regeln, ich sündige ab und zu, tue dann aber Abbitte. Das ist der Unterschied zwischen Katholiken und Protestanten.

Sorry, ich muss jetzt in die Hängematte und werde mir Mozart und Mendelsohn, ach ja, und Bach, ins Ohr spielen lassen. Die Zeit vergeht wie im Fluge, heute habe ich noch einen Termin bei unserem hübschen Doktor (auch als feist beschrieben, was aber m. E. nicht stimmt, eher gelangweilt und urlaubsreif oder fed up von Karierrefrauen mit Burn-out-Syndrom) und lasse mir von ihm den Puls fühlen. Mit Schmerzen will er nicht so viel zu tun haben. Mich hat es auch bisher nicht getroffen, keine Erstverschlimmerung an keiner Stelle! Bei Schmerzen zum Beispiel im Rücken hat er folgenden Tipp "Enjoy your pain!". Wenn sich aber dann nach Tagen immer noch kein Genuss einstellt, gibt es ein Schnapsgläschen undefinierbare Flüssigkeit und einen Kichererbsenteig auf den Rücken mit samt heißem Ölguss. Das hülft dann in einigen Fällen.

Ihr seht, wir sind in guten und kompetenten Händen - namaste und ooooooommmmm. Ich wünsche euch schöne Tage in Berlin,

Theresa"

Glossar: Erstverschlimmerung: umstrittener Begriff aus der Homöopathie. Danach verschlimmern sich die Symptome zu Beginn einer Behandlung erst mal, was aber ein Zeichen sein soll, dass die Therapie anschlägt und es danach erst recht aufwärts geht.

Vatta-, Pitta-, Kapha-Typen: Wichtigste Typeneinteilung der PatientInnen in der Ayurveda-Medizin nach deren Temperament und der persönlichen Mischung aus ängstlichen, wütenden und depressiven Anteilen.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

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