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Kolumne GerüchteGeld verdienen, aber bitte mit Musik

Unsere Kinder wollen nicht nur Wirtschaft studieren, sondern auch was mit Menschen und mit Kunst machen.

Bild: taz

Barbara Dribbusch ist Inlandsredakteurin der taz.

Meine Privatforschung zum Thema Geld und Selbstverwirklichung fiel mir ein, als ich neulich bei Britt und Thomas in der Küche saß und wir auf unsere Töchter warteten. In meinem Bekanntenkreis hatte ich kürzlich mal herumgefragt, was die Leute heute so studieren würden, könnten sie noch einmal wählen.

"Also ich würde Jura nicht mehr abbrechen", hatte Theresa gesagt. Auch Britt hätte neben ihrem Kunststudium lieber "noch was mit Marketing gemacht". Thomas war zwar zufrieden mit seinem Politologiestudium, hätte aber gerne "noch etwas Betriebswirtschaft dabeigehabt". Er ist Mitinhaber einer erfolgreichen Unternehmensberatung.

Was "Handfestes" studiert zu haben, mit dem man "Geld verdienen kann", das hält sich als Mythos unter manchen meiner Bekannten, die Philosophie, Politologie, Germanistik gemacht haben und heute darüber nachdenken, ob Betriebswirtschaft, Jura oder Medizin nicht doch besser gewesen wäre. "Es ist doch so, dass wir beim Geldverdienen letztlich improvisieren müssen", sagte Theresa. Sie arbeitet als Lektorin mit befristetem Vertrag. "Bei anderen Ausbildungsgängen, da ist das Geldverdienen irgendwie von Anfang an im Studium mit enthalten".

Das Geldverdienen! Heikles Thema. "Also Anna predige ich immer, Selbstverwirklichung gut und schön, aber du musst auch an den Job später denken, wenn du dir dein Studienfach wählst", verkündet Britt. Die Berufswünsche ihrer 18-jährigen Tochter Anna haben schon eine gewisse Karriere hinter sich. Zuerst wollte Anna Physikerin werden, weil das Universum so spannend ist. Nach zwei mittelmäßigen Noten in Physik sattelte sie in ihrer Planung auf Wirtschaft um. "Warum nicht zu McKinsey?", hatte Vater Thomas begeistert gesagt, "da soll man keine Vorurteile haben."

Doch Wirtschaft als alleinige Zukunftsperspektive war Anna dann plötzlich zu öde. "Es sollte auch was mit Musik zu tun haben, vielleicht Musikmanagement, Festivals organisieren und so." Im Studium eine Mischung zu haben aus Kultur, Wirtschaft und "was mit Menschen" scheint die aktuelle Version der Selbstverwirklichung zu sein. Dabei möchte der junge Mensch natürlich am liebsten "irgendwo in Kalifornien, New York oder London studieren".

"So eine Mischung aus Marketing, Psychologie und Kunst fände ich interessant", sagte auch meine Tochter Charlotte. "Womit wir beim Kulturmarketing wären", hatte ich gelästert, "das ist die typische Schmalspurweiterbildung für arbeitslose Geisteswissenschaftler. Ist doch nichts Richtiges."

Aber was ist "das Richtige?" Anna und Charlotte kommen vom "Tag der offenen Tür" an der Freien Universität Berlin zurück. "Die Politologen haben einen NC von 1,4", berichtet Charlotte. Ein junger Professor hatte den fasziniert lauschenden Bald-AbiturientInnen eröffnet, die Politikwissenschaften hätten auch viel mit Philosophie zu tun. Und sie könnten später "auf vielen Gebieten arbeiten". Das Tätigkeitsfeld der Politologen sei "international", berichtet Charlotte begeistert, "sogar im IT-Bereich finden sich Politikwissenschaftler, sagte er".

"Klar. Ich kenne auch Politologen, die irgendwann später mal in einem Umschulungskurs vom Arbeitsamt zum Internetdesigner landeten", kommentiert Thomas. Stimmt ja. Aber kennen wir die Zukunft unserer Kinder? Wir kannten doch nicht mal unsere eigene. Eben.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

1 Kommentar

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  • UR
    Udo Radert

    Der Sinn und Zweck dieses Artikels erschließt sich mir nicht ganz - bzw. eigentlich sogar garnicht.

     

    Unsicherheiten bei der Wahl des Studienfaches hat es ja nun schon immer gegeben und auch das kokette Philosophieren einiger Opas evtl. vielleicht doch "das Falsche" studiert zu haben, ebenfalls.

     

    Auch das "Dieses und Jenes wäre doch noch schön gewesen" ist ja nun so alt, wie die Universitäten selber, bzw. eher noch älter.

     

    NEU ist nur, dass die genauso berühmt wie berüchtigte Firma McKinsey jetzt offenbar sogar bei der taz salonfähig geworden ist, wenn nämlich als einziges Merkmal über diese behauptet werden darf: "Die haben keine Vorurteile."

     

    Also, was soll der Artikel nun? Hatte die Autorin vielleicht einfach ein bissel Langeweile? - Oder ihren "philosophischen Tag"? Eine Lebenkrise mit Rückschau "Was hab ich alles (vielleicht) falsch gemacht, heute: Berufswahl"?

     

    Ich weiß es nicht.