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Kolumne GerüchteDie neuen Siedler von Catan

Mit über 50 in ein Hausprojekt ziehen? Wir proben erst mal Ferien zu Sechst.

D ie Beschreibung des Ferienhauses im Katalog verheißt: vier Schlafzimmer und "mehr als ein Badezimmer". 900 Euro in der Woche. Mit Suse und Jürgen und den Lodenbaums würden wir dann abends kochen und zusammensitzen. Diese Skiferien in Tschechien wären für uns eine Art Praktikum. Die Frage, die wir für uns beantworten wollen, lautet: Wie eng können wir überhaupt noch mit andern? Mit Gleichaltrigen, unserer "peer group"? Jetzt, wo unsere Kinder schon groß und fast aus dem Haus sind?

"Man muss flexibel sein", sagt Suse, "waren wir doch früher auch." Seitdem ihre Tochter weggezogen ist, liebäugelt Suse mit einem "Hausprojekt" fürs Alter. "Nur mit Jürgen den Rest meiner Tage in der Wohnung zu sitzen und zu warten, dass die Kinder sich melden, das kann es nicht sein", verkündete Suse, "die Fixierung auf die Zweisamkeit ist Mist." Meine Freundin Lise findet die Fixierung auf die Einsamkeit auch ziemlichen Mist. Lise möchte gleichfalls eine Wohnung mit ein bisschen "Hausprojekt" drumherum. Nette Leute, mal zusammen kochen. Gemeinsamer Garten. Gruppenanschluss. Klingt schon gut.

Die Gruppe ist ja wieder im Kommen in meiner Generation. Dabei fand ich Gruppen in den vergangenen Jahrzehnten eher unangenehm. Lärmende Jugendgruppen am See: lästig. Rentnergruppen mit Jack-Wolfskin-Jacken: ätzend. Doch in den späten Jahren wird das Leben auf "reset" gestellt. Mit über 50 muss man sich neue Mühe geben für die Erzeugung von Sozialenergie. Wobei sich das ganz alte Programm nicht mehr aktivieren lässt: Discoabende mit der Clique, Typen, die mir von der Bar aus zuprosten, Blicke mit hormonell getränkten Versprechungen und so weiter.

Barbara Dribbusch

ist Inlands-Redakteurin der taz.

Immerhin habe ich neulich mit der Wanderguppe einen Anfang gemacht, Christoph wollte nicht mit. Die Truppe war wirklich lustig, allein schon dieses Elektrikerehepaar aus Sachsen, echte Exoten. Eine Regel bei Gruppenreisen lautet: keine Doppelzimmer mit Fremden, keine Mehrbettzimmer, es sei denn, man befindet sich im Gebirge jenseits der Baumgrenze.

"Gruppe in späten Jahren, das erfordert Sozialkompetenz", doziert Suse, "man muss Zeit investieren, Regeln entwickeln." "Wir könnten Gesellschaftsspiele mitnehmen", schlage ich vor. Die Woche zu sechst in Harrachov wäre eine Gelegenheit, die Weihnachtsgeschenke aus den vergangenen Jahren zu erproben, die sich unangetastet bei uns stapeln: "Siedler von Catan" in einer fortgeschrittenen Variante. Oder "Therapy", angeblich eine brüllkomische Reise durch den psychotherapeutischen Reparaturbetrieb.

"Natürlich machen wir vorher aus, wer wann kocht, das sollte das Mindeste sein", fährt Suse unbeirrt fort. Mit Silke und Pit haben sie schon mal zu viert eine Woche am Meer verbracht. Silke und Pit wollten jeden Abend was brutzeln, Suse und Jürgen nicht. Es gab Probleme.

Ich werde jedenfalls vorher anrufen in Tschechien. Und nachfragen, was diese Formulierung im Katalog genau bedeutet. Unser Feriendomizil hat angeblich "mehr als ein Badezimmer" . Wie viel Nassräume genau sind denn nun damit gemeint? Wäre gut zu wissen. Man soll sich nicht überfordern. Auch wenn unser "Hausprojekt" im Winter auf eine Woche befristet ist.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

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