Kolumne Geräusche: Rollender Donner, verhallt
Guttenberg war schon immer ein wenig suspekt. Nicht wegen seiner Politik, sondern wegen seines Lieblingssongs: Nämlich "Hells Bells" von AC/DC.
I ch habe Freunde, die fanden den feschen Freiherrn immer gut. Wirklich nette Leute sind das, sieht man einmal von ihrer politischen Einstellung ab. So was gibts. Ich bin ja auch eigentlich ganz nett, sieht man einmal von meiner mangelnden Nettigkeit ab.
Es war die Zeit, in der Guttenberg noch raketengleich im Aufstieg begriffen und gerade in die Stratosphäre seiner Karriere eingetreten war. Guttenberg hier, Guttenberg da. Die Älteren unter uns werden sich vielleicht erinnern. Jedenfalls neckten mich diese leistungsaffinen und FDP-nahen Freunde dann immer gerne mit Worten wie: "Na, gestern den Minister bei Maischberger gesehen? Da geht euch Roten doch die Düse, was?"
Na ja. Ich kann nicht für "die Roten" und deren "Düse" sprechen, aber tatsächlich war mir Guttenberg schon damals ein wenig suspekt. Grund war weniger seine Politik - denn was weiß ich denn schon von Politik? -, sondern seine offizielle Hymne, der Song, zu dessen nicht eben zärtlichen Klängen der Mann regelmäßig Festzelte oder das Konrad-Adenauer-Haus enterte. Ich meine, diese Hymne hätte doch eigentlich der Walkürenritt des Bayreuthers Richard Wagner sein müssen. Immerhin ist sein Vater Enoch Dirigent und hats mehr mit Bruckner, Beethoven und Brahms.
Stattdessen setzte der Junior, wohl um sich abzugrenzen, auf den populären Bierdosentrinker- und Lastwagenfahrerschlager "Hells Bells" von AC/DC. Sicher dürfte er auch die Lyrics seines Lieblingssongs gekannt haben: "I'm rolling thunder, pouring rain / I'm coming on like a hurricane / I'll give you black sensations up and down your spine / If you're into evil, youre a friend of mine".
Das war schon von beachtlicher Ehrlichkeit, denn genau so nämlich sah sich seinerzeit der konservative Nachwuchs sehr gerne - aggressiv, wuchtig, irgendwie sexuell (wenn auch nur im Sinne von "penetrant") und mit kleinen ironischen Hörnchen oben drauf: "See the white light flashing as I split the night / Cause if goods on the left then I'm sticking to the right", yeah, cool.
ARNO FRANK ist taz-Redakteur. Er kann lesen und schreiben. In seiner Freizeit spielt er gerne Flipper, hört schlechte Musik, schaut sich gute Pornos an und erschlägt manchmal kleine Hunde.
Dafür gibt es das schöne hebräische Wort Chuzpe, weshalb ich auch, als Guttenberg seinen Zenit überschritten hatte und sich in seine Einzelteile zu zerlegen begann, nicht glauben mochte, das ein "rollender Donner" wirklich über etwas so Wertkonservatives wie einen guten alten Betrug stolpern könnte. Ich dachte, dieser Skandal sei nur das Drachenblut, in dem er sich würde wälzen müssen, um gestärkt daraus hervorzugehen.
Er selbst wusste es offenbar besser. Nach seinem Lieblingssong von Michael Jackson befragt, sagte er mit typisch Guttenbergscher Verbindlichkeit: ",Billy Jean'! Ein toller Song, und insgesamt ist die Platte ,Thriller' nicht nur der Klassiker, sondern eine, die auch heute noch überaus empfehlenswert ist." Bei Texten anderer Leute hat er schon immer genau hingeschaut. Wie heißt es in "Billy Jean" so schön? "Be careful what you do cause the lie becomes the truth."
Text: Wie viele Hipster braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln? Eine Anzahl, von der du noch nie etwas gehört hast.
Musik: "Now you are / How you were / When you were / Real" (Bright Eyes)
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