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Kolumne FernsehenZweimal Erste Klasse, bitte

Verdi-Chef Frank Bsirske und Wolfgang Clement (SPD) ist mehr gemeinsam als ihnen lieb ist.

Bild: taz

Bettina Gaus ist Afrika-Kennerin, Buchautorin und politische Korrespondentin der taz

Vor ein paar Tagen zeigte RTL einen netten, kleinen Bericht über einen netten, grossen Airbus, den Qatar Airways in Betrieb genommen hat. Darin war ein Clou für Besserverdienende zu bestaunen: Passagiere der ersten Klasse können an ihren Plätzen eine Schiebetür schliessen und die böse Welt draußen aussperren. Zumindest vorübergehend.

Bei der Lufthansa geht das nicht. Manche Gäste der Luxusklasse dürften es allerdings für das Geringste ihrer Probleme halten, an Bord nicht abgeschirmt zu sein. Viel schlimmer finden sie es vermutlich, wenn ihnen die Umgebung nach dem Flug zu nahe tritt. Fragen Sie mal den Gewerkschaftsvorsitzenden Frank Bsirske. Der kann dazu sicher einiges sagen.

Was hat Bsirske mit Wolfgang Clement gemeinsam? Beide haben es im Lauf ihres Lebens zu Spitzenpositionen in Organisationen gebracht, die auf eine lange Tradition im Kampf für Arbeitnehmerrechte zurückblicken können. Was unterscheidet Wolfgang Clement und Frank Bsirske voneinander? Der eine findet es empörend, wenn gleiches Recht für alle gilt. Der andere findet es empörend, wenn das nicht der Fall ist. Und was verbindet sie in diesem Zusammenhang? Ihr Sein bestimmt ihr Bewußtsein.

Bsirske stellte fest, dass es "eben nicht dasselbe" sei, "wenn zwei das Gleiche tun". Dabei hat der Arbeiterführer als Mitglied des Aufsichtsrates der Lufthansa rechtlich genauso einen Anspruch auf Freiflüge wie die Vertreter der Anteilseigner. Aber weil hier "offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen" wird, wie der Gewerkschaftschef gekränkt zur Bild-Zeitung sagte, möchte er seinen Urlaubsflug nachträglich doch selber bezahlen. Das hat die Öffentlichkeit nun davon. Frank Bsirske hat Recht. Es ist tatsächlich nicht dasselbe, wenn zwei das Gleiche tun. Nur, warum erfüllt ihn diese Tatsache eigentlich nicht mit Stolz? Sondern mit Wut? Vielleicht sollte man ihn noch einmal an andere Selbstverständlichkeiten erinnern.

Die Vorkämpfer des Mitbestimmungsgesetzes von 1976, das Gewerkschaften die Hälfte aller Aufsichtsratssitze in großen Kapitalgesellschaften einräumt, hatten nicht das vorrangige Ziel, einige Kellerkinder in den Genuß von Leckerli kommen zu lassen. Um Kontrolle ging es seinerzeit bei dem - oh ja: harten! - Kampf. Nicht um Vergünstigungen für Einzelne.

Anteilseigner - vulgo: Kapitalisten - mögen das anders sehen als Gewerkschaftsführer. Für Letztere sollte genau das die Basis ihres beruflichen Selbstbewußtseins sein. Und sie nicht etwa zu dem Aufschrei veranlassen: "Mami, die lassen mich nicht mitspielen. Die sagen, ich bin gar kein richtiger Kapitalist. Gemeiiiin."

So gegreint hatte Wolfgang Clement vermutlich nie. Eines muss man ihm zugute halten: Er hat sich wohl niemals darüber beschwert, wenn ihn jemand nicht mitspielen liess. Er dürfte immer der Ansicht gewesen sein, dass für ihn besondere Regeln gelten. Ein Angestellter, der privat das Produktder eigenen Firma nicht wählt, hat nichts zu befürchten. Aber wenn er öffentlich davon abriete, es zu kaufen, dann würde er gekündigt. Wie findet der ehemalige Arbeitsminister Clement das? Gerechtfertigt, darf man vermuten.

Aber wo kämen wir hin, wenn für Minister, Spitzenkräfte und andere Angehörige der Elite dasselbe gälte wie für normale Bürger und Bürgerinnen? (Beiseite gesprochen: in eine demokratische Gesellschaft käme man. Na, egal.) Wenn Herr Clement davon abrät, seine eigene Partei zu wählen, dann ist das aus seiner Sicht nicht etwa parteischädigendes Verhalten. Sondern ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Oder so. Was versteht Wolfgang Clement denn eigentlich unter parteischädigendem Verhalten?

Und noch einmal die Frage: Was verbindet Wolfgang Clement und Frank Bsirske? Beide halten sich für Teile einer Oligarchie. Soll heißen: Beide meinen, dass für sie spezielle Regeln gelten, deren Notwendigkeit man allerdings - leider - der breiten Masse nicht begreiflich machen kann.

Stimmt. Kann man nicht. Mir kann man das jedenfalls nicht begreiflich machen. Beides nicht.

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1 Kommentar

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  • WB
    Wolfgang Baur

    Zu Herrn Clement fällt mir nur noch leicht abgewandelt ein:

     

    "L' ES-PE-DE c'est moi!"