Kolumne Fernsehen: Musikalische Grüße aus dem Jenseits
Wie "German TV" in Israel für eine DVD des Rechtspopulisten Jörg Haider wirbt.
A uf dem Weg zum Flughafen die Nachricht: Michael Jackson ist tot. Nach der Ankunft im Hotel in Tel Aviv sofort den Fernseher angestellt und zufällig auf dem einzigen deutschen Kanal gelandet. "German TV", was immer das sein mag. Es geht dort tatsächlich um Musik, um eine "herrliche Edition", in die sich Moderator Walter Freiwald eigenen Angaben zufolge "verliebt" hat. Es singt - nein, nicht Michael Jackson. Sondern Jörg Haider.
Bettina Gaus ist Buchautorin und politische Korrespondentin der taz.
Ich weiß nicht, ob das jemand nachvollziehen kann: Wenn man ausgerechnet in Israel ausgerechnet von Jörg Haider begrüßt wird, obwohl man eigentlich nur wissen wollte, woran Michael Jackson gestorben ist - dann fragt man sich plötzlich, ob an der Legende von den Untoten doch was dran ist. In der Dauerwerbesendung steht der österreichische Rechtspopulist im Trachtenjanker auf dem Balkon einer Almhütte. Im wahren Leben ist er 2008 mit 1,8 Promille im Blut und 142 Stundenkilometern in einer Tempo-70-Zone in den Tod gerast. "Er war auf dem Weg in sein geliebtes Kärnten", salbt Moderator Freiwald im Fernsehen. "Dort wartete seine Mutter." Ach, so war das.
"Pfiat Gott liaba Alm" ist einer von drei Titeln auf einer DVD mit insgesamt 34 Kärntner Liedern, die Haider persönlich singt. Das Produkt wird von der Liechtensteiner Firma TVM für 39,39 Euro angeboten. Verkauft wird, so lange der Vorrat reicht. Das kann lange der Fall sein. Die Verbraucherzentrale NRW warnt vor Bestellungen bei dem Teleshop-Anbieter TVM. Es häuften sich Kundenbeschwerden. Immer wieder werden offenbar andere Waren geliefert als geordert wurden, und Geld gibts trotzdem nicht zurück. Ob das in dem Falle der Haider-DVD nicht eher ein Grund zur Dankbarkeit als zur Klage sein sollte?
Auch im Internet wird für das Produkt geworben. Dort ist zu erfahren: Jeweils ein Euro vom Erlös geht nach Angaben der Verkäufer "an eine wohltätige Organisation im Sinne von Dr. Jörg Haider". Das ist schön. Im Detail allerdings schwer zu recherchieren. "Im Sinne" von Dr. Haider: Was das wohl bedeuten mag? Für alles Gute, Wahre und Schöne? Gegen Ausländer, ganz allgemein? Gegen Juden im Besonderen? Oder auch: für TVM? Man weiß es nicht.
So wenig, wie man weiß, wer eigentlich Jörg Haider war. Laut Internetwerbung: "Eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Republik Österreichs". Den falschen Genitiv bei der Herkunftsbezeichnung mag man ja noch hingehen lassen. Aber: "schillernd"? Bitte. Reden wir nicht von Untoten. Reden wir von Geistern und von Erscheinungen. Michael Jackson sollte im Jenseits dem promovierten Haider erklären, warum Rechtsextremismus nicht schillernd ist. Irgendwann muss es ihm ja mal jemand sagen.
Übrigens: Die DVD wird offenbar schon seit Monaten angeboten. Im Netz findet sich unter anderem der dankbare Stoßseufzer, es sei doch gut, dass es Teleshopping nicht schon 1945 gegeben habe. Wohl wahr. Man mag sich gar nicht ausmalen, für welche Sänger wohl sonst noch geworben würde. Möglicherweise betrügerisch, unterhalb jedes Radars für politischen Anstand, vielleicht gar in Israel? Frage: Wann endlich gibt es im Fernsehen die "freiwillige Selbstkontrolle" für Werbung?
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