Kolumne Fernsehen: Droide R2 Denk2 meldet "Hahaha!"
Lachen ist immer auch Dialog. Deshalb fällt es angesichts des deutschen Fernsehprogramms so schwer.
J eder, der mich kennt, weiß, dass ich gern, viel und vor allem laut lache (womit ich mir hier im taz-Großraumbüro ungefähr so viele Freunde gemacht habe wie Julian Assange diese Woche in den USA). Jetzt wissen Sie es auch. Gerade könnte ich so viel und so laut lachen, wie ich will, denn die Kollegen (und natürlich auch die -innen) sind in der Redaktionskonferenz. Bloß worüber? Über mich? Drängt sich momentan nicht auf.
Am liebsten und wohl auch am lautesten lache ich in Gesellschaft. Irgendjemand sagt was Dummes, und ich erwidere was noch Dümmeres - oder umgekehrt. Und dann geht das Gemecker (wie eine asthmatische Ziege) los. So läuft das. Lachen hat für mich viel mit Dialog zu tun. Eine Binse, natürlich. Aber auch einer der Gründe, warum ich im deutschen Fernsehen so wenig zu lachen habe: Ich fühle mich einfach nicht angesprochen.
Zeig mir eine Stunde den Liveauftritt irgend eines "Top-Comedians", und ich verzieh keine Miene, als hätte man bei meinen Gesichtsmuskeln die Sicherungen rausgedreht. Währenddessen japst sich das Saalpublikum von Atemnot zu Atemnot, und ich frage mich, ob ich nicht vielleicht doch ein Android bin, ein fehlprogrammierter Android. Denn täuschend echt menschlich wäre es ja mitzujapsen.
Kürzlich musste ich mir zur Vorbereitung auf ein Interview mit dem wunderbaren Jürgen Tarrach dessen jüngsten Film angucken, eine ZDF-Komödie über einen arbeitslosen Hausmann, der allerlei Probleme hat, die sich am Schluss binnen acht Minuten in Wohlgefallen auflösen. Alle.
Ein Vergnügen war das nicht. Gelacht habe ich genau ein Mal. Worüber weiß ich schon gar nicht mehr. Wenn ich jemandem erklären müsste, woran das deutsche Fernsehen krankt, würde ich ihm diesen Film zeigen. Er ist nicht schlecht gemacht, an allen Stellen waren zweifellos Vollprofis am Werk, doch das Ergebnis ist so harmlos und nett, so leicht bekömmlich und fluffig, dass es mich in seiner Stromlinienförmigkeit ganz rammdösig gemacht hat. Wo sind die Ecken und Kanten, die Irritationen und Abgründe, die gute Komödien ausmachen? Den Engländern kann man das zumuten, dem deutschen Publikum nicht. Behaupten zumindest die Fernsehgewaltigen und verschonen uns vor dem Boshaften: Die Dominanz des Schmunzelfernsehens ist ein weiterer Grund, warum ich so wenig zu lachen habe.
David Denk ist Medienredakteur der taz.
Die Quotenhörigkeit ist nur ein Symptom für die Gefallsucht der Branche. Man will bloß niemanden überfordern und damit ausschließen. So affirmativ das deutsche Fernsehen ist, so langweilig ist es auch häufig. Wer Witze macht, muss damit leben können, sich Feinde zu machen. Wer sich keine Feinde macht, kann nicht wirklich witzig sein. Humor und Affirmation sind nur sehr bedingt kompatibel.
Ganz unschuldig sind selbstverständlich auch die Zuschauer nicht: Sie geben sich mit dem Programm zufrieden, gucken zu häufig das Falsche bzw. nicht das Richtige - gut möglich also, dass die Jürgen-Tarrach-Komödie eine Superquote haben und die Macher darin bestätigen wird, den Weg des geringsten Widerstands zu gehen.
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