Kolumne Fernsehen: Alles bleibt gut
Otto von Bismarck ist immer Vorbild und Otto ist immer lustig. Das hat das deutsche Fernsehen erkannt. Fehlt nur noch Kati Witt.
W enn wir alle eine gehörige Portion Glück haben und die Welt im Dezember nicht untergeht, dann erwartet uns demnächst wieder ein neues Jahr. Diesmal heißt es 2013.
Und worauf freuen sich die Deutschen beim Blick in die Zukunft am allermeisten? Richtig, darauf, dass alles so bleibt wie es ist. 2013 wird wieder Merkel gewählt (da weiß man, was man hat) und wir rutschen hoffentlich nicht in die wirtschaftliche Depression (denn da weiß man nicht, was man noch hat). Wie es ist, ist es gut – und die Fernsehmacher zeigen, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst sind, dieses Bedürfnis zu befriedigen.
Aus Unterföhring kam dieser Tage eine Hochglanzbroschüre: „Sat.1 führt seine Deutsche-Fiction-Offensive im Frühjahr 2013 fort“, hieß es in dem Begleitschreiben. Das machte stutzig. Deutsche-Fiction-Offensive bei Sat.1? Muss an mir vorbei gesendet worden sein.
ist Medienredakteur der taz.
Doch dann offenbart die Broschüre, dass Sat.1 perfekt den Zeitgeist der Deutschen zum Jahreswechsel trifft: Viele Filme, keine Ideen. Zum Beispiel „Der Minister“, über den sich mein Kollege David Denk an dieser Stelle schon einmal ausließ: Karl Theodor zu Guttenberg wird einfach Franz Ferdinand von und zu Donnersberg genannt, auch er will gerne Kanzler werden und auch er sieht gerne Fotos von sich in einer Zeitschrift, die im Film den Namen „Galant“ trägt. Seine Rivalin ist übrigens die Kanzlerin: Angela Murkel. Die Sat.1-Planer wissen: Guter Humor überdauert alle Zeiten. Gerade in einem Land, das Otto von Bismarck bis heute gut und Otto noch immer lustig findet.
Aber Sat.1 kann natürlich nicht nur Politsatire, die können auch Drama! Die Geschichten sind dann natürlich komplexer, wie in „Das Verhängnis“ (klingt nach John Grisham, ist aber von Bernd Böhlich): „Ein Einsatz wegen Ruhestörung verändert das Leben von Martin Breiler (Matthias Koeberlin) komplett. Gemeinsam mit seinem Kollegen wird der Polizist zum Haus der berühmten Eiskunstläuferin Katarina Witt (Katarina Witt) gerufen. Martin ist sofort von ihr fasziniert“ – und wird zum Stalker. „Bei Katarinas großer Eis-Show in der ausverkauften Arena droht die Situation zu eskalieren.“ So geht Fernsehen von vorgestern: Kati Witt, kennen wir alle. Ein Star wird bedroht, haben wir auch schon tausend Mal gesehen. Showdown bei einer öffentlichen Veranstaltung, wie bei jedem Hollywood-Thriller.
Doch an dieser Stelle soll nicht nur den Privaten gedankt werden, dass sie uns den Jahreswechsel so schonend wie möglich zu meistern helfen. Auch das ZDF präsentiert sich in dieser ungewissen, ja aufwühlenden Übergangszeit zwischen 2012 und 2013 als wärmender Kamin im Kreise der Großfamilie Bundesrepublik. „Die Wintersportsaison live im ZDF“ heißt die 37 Seiten starke Ankündigung des Mainzer Senders. 190 Stunden Wintersport im Zweiten. Außer Rückwärts-auf-ner-Alditüte-den-Berg-runterrutschen zeigt das ZDF wieder alles.
Als am Mittwoch der Deutsche Zukunftspreis verliehen wurde, waren weder Sat.1 noch ZDF nominiert. Vermutlich werden ihre Leistungen erst 2013 gewürdigt.
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