Kolumne „Eier“: Chichi um Pipi de Paris
Die französische Hauptstadt stellt Uritrottoirs für Männer auf, weil die nicht dazu zu bewegen sind, eine Toilette zu benutzen. Ach, Penis.
![Ein Mann steht mit in die Hüften gestemmten Armen vor einem Urinal an der Pariser Seine. Ein Mann steht mit in die Hüften gestemmten Armen vor einem Urinal an der Pariser Seine.](https://taz.de/picture/2902535/14/imago84963578h.jpeg)
P aris ist die Stadt, in der morgens um fünf Uhr Millionen französische Heinzelmännchen aufstehen, um dafür zu sorgen, dass spätestens zum petit-déjeuner alles hübsch aussieht. Die Stadt, wo man aus der Hüfte geschossen postkartenverdächtige Fotos schießen kann. Und die Stadt, in der Männer ab sofort am Seine-Ufer in Kisten pinkeln.
Testweise hat die Stadt nämlich jetzt Öko-Urinale auf die Gehwege gestellt. Die sehen ein bisschen aus wie Briefkästen mit einem Blumentopf obendrauf, sind aber dazu da, dass sich Menschen mit Penissen da hinein entleeren können – für alle anderen funktioniert es ohne Hilfsmittel leider nicht so gut.
Paris reagiert damit darauf, dass es Männern offenbar nicht beizubringen war, eine Kneipe oder öffentliche Toilette aufzusuchen, wenn der Harndrang zu groß war. Sie pinkelten einfach weiter mitten in die Postkartenmotive der ganzen Welt.
Die sogenannten Uritrottoirs sind jetzt also eine schulterzuckende Maßnahme der Stadt Paris, die sich gedacht haben mag: Wenn man schon den Strahl nicht unterbinden kann, lasst ihn uns wenigstens noch irgendwie produktiv nutzen. Aus dem Pipi wird in Verbindung mit Stroh oder Sägespänen nämlich Kompost. Womit ich natürlich nicht sagen möchte, dass Männer Abfall sind, oder so was (siehe hier).
Bäume gießen
Eine kurze Umfrage in meiner direkten Umgebung hat übrigens gezeigt: Freipinkelnde Männer sind richtig unbeliebt bei Menschen ohne Penis. Und ich spreche gar nicht mal von denen, die direkt in Ihren Hauseingang oder in die Bahnhofsunterführung pinkeln. Auch, die, die sich abseits an einen Baum stellen – allerdings immer noch gut sichtbar für alle Vorbeilaufenden.
Es geht dabei gar nicht so sehr um „Pfui, Pipi“, sondern darum, dass Männer es für ganz normal halten, ihre Genitalien und Körperflüssigkeiten öffentlich zur Schau zu stellen. Schaut her, mein Penis kann Bäume gießen! Dürreproblem gelöst!
Derweil quetschen sich Frauen beziehungsweise Menschen ohne Penis in Tankstellenklos, weil sie wissen, dass die zwischenmenschliche Katastrophe ausbrechen würde, sollten sie sich irgendwo mit blanken Backen hinhocken und … pinkeln.
Blumenkübelbriefkasten
Dass Männer sich öffentlich erleichtern, ist dagegen offenbar so normal, dass sie es lieber in Kauf nehmen, an der Uferpromenade in einen Blumenkübelbriefkasten strullernd zu einem Urlaubsfoto zu werden, als mal eben im Bistro à la Petite Courgette freundlich nachzufragen, ob man die Toilette benutzen kann.
Ich jedenfalls kann es kaum erwarten, bei meinem anstehenden Paris-Urlaub einen großen Bogen nicht in, sondern um diese Kästen zu machen. Ich habe stattdessen eine fantastische App installiert, die mir per GPS jederzeit anzeigt, wo gerade die nächste Toilette ist. Sie heißt „Miss Pipi Paris“. Leider verfehlt sie komplett die Zielgruppe.
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