Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: NSA, übernehmen Sie!
In Frankreich rollt der Tour-Tross durch die sommerliche Landschaft. Grund genug um an die dümmsten Doping-Dussel des Radsports zu erinnern.
D ie einhundertste Tour de France, diese öffentliche Test- und Erprobungsfahrt der Pharmaindustrie, rollt wieder mal durch Frankreich – wenn nicht gerade der Bus eines Radsportteams an der Zielbrücke hängen bleibt und peinlicherweise die Zieleinfahrt total blockiert.
Es ist also Zeit, an die dümmsten Doping-Dussel des Radsports zu erinnern: Ganz putzig war einst Jan Ullrich, als er wegen Ecstasy-Konsum gesperrt wurde. Er berichtete später, „ein Fremder“ habe ihm in einer Münchner Diskothek „zwei Pillen“ gegeben mit den Worten: „Nimm die, die sind gut für dich“ (oder sagte er vielleicht „Nimm 2!“?)
Völlig unverantwortlich, dass der geheimnisvolle Unbekannte Ullrich nicht gewarnt hat: „Nimm die, dann wirst du ein Jahr Berufsverbot wegen Doping bekommen.“ Was der spanische Gynäkologe und Doping-Arzt Dr. Fuentes aus Spanien zu Jan Ullrich gesagt hat, als er ihm literweise Blut zur Sauerstoffanreicherung abgenommen hat, wissen wir leider nicht. Wahrscheinlich dachte Ullrich, es sei eine Wohltätigkeitsaktion für asthmatische Schwangere oder für Once, das spanische Blindenhilfswerk.
Für deren Radsportteam ist früher das französische Radsportidol Laurent Jalabert gestartet. Jetzt, Ende Juni 2013 hat die Zeitung L’Equipe herausgefunden, dass 2004 bei einem Nachtest von alten Dopingproben der Tour 1998 herauskam, dass „Jaja“ bis unters Dach gedopt war. Tja, die Mühlen des Radsportverbands mahlen etwas langsam. (Wir warten noch gespannt auf die Nachuntersuchung der Werte von Eddie Merckx 1969).
Die falschen Farben
Aber zum Glück kann der Weltverband UCI auch richtig streng sein: Tony Martin hat 2.000 Franken Strafe zahlen müssen, weil sein Rad in den falschen Farben lackiert war. Ein anderer Radprofi, Dario Frigo, Zweiter des Giro d’Italia 2001, wurde mit verbotenen Medikamenten erwischt. Im Verhör betonte er, er habe „nie etwas davon genommen“. Verbotene Arzneimittel bei sich zu tragen, sei eine „Schwäche“ von ihm. Super Hobby! Immer so ein bisschen Epo in der Tasche zu haben, wenn man von Beruf Radprofi ist, gibt einem den ultimativen Thrill, das kann man wirklich gut verstehen.
schreibt für das Sportressort der taz.
Der italienische Radfahrer Gilberto Simoni erklärte das Kokain in seinem Blut zunächst mit einer Zahnarztbehandlung (Was ist denn das für ein Promi-Zahnarzt?! Und zahlt das Koks die Krankenkasse?). Als das ausgeschlossen werden konnte, behauptete Simoni, „eine Tante aus Kolumbien“ habe ihm von dort „Bonbons mitgebracht“, das Kokain müsse da drin gewesen sein. Klar, und in „Nimm 2“ ist Heroin drin.
Noch besser die deutsche Mountainbike-Nationalmannschaftsfahrerin Ivonne Kraft. Die war vor ein paar Jahren mit einem bizarr überhöhten Blutwert der Einnahme des Asthma-Mittels Fenoterol überführt worden. Ihre Ausrede: Ihre Mutter sei Asthmatikerin und auf dieses Mittel angewiesen. Als sie gemeinsam kurz vor dem Radrennen am Tisch gesessen seien, sei die Asthma-Spraydose „plötzlich explodiert“ und so habe sie „eine Überdosis eingeatmet“.
„Eine Chimäre“
Die Dopingtester sind auch fast explodiert, als sie diese Geschichte gehört haben: Vor Lachen! Meine persönliche Doping-Lieblingsgeschichte kommt von Radprofi Tyler Hamilton. Als dem bei der Vuelta 2004 Blutdoping nachgewiesen werden konnte, sagte er zu seiner Entschuldigung: Er sei „eine Chimäre“ und die fremden Blutzellen in seinem Körper würden von den Stammzellen eines noch vor der Geburt gestorbenen Zwillingsbruders produziert.
Das muss gleichzeitig auch der verstorbene Zwillingsbruder von Lance Armstrong gewesen sein. Und von Bjarne Riis. Und Alberto Contador. Und Frank Schleck. Quasi Sechslinge. Die Details dazu kennen nur die Beteiligten und die amerikanische Internetschnüffelbehörde. NSA, bitte übernehmen Sie!
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