Kolumne Die Kriegsreporterin: Springer bei Liefers zu Hause
Russland-Soli-Wochen, ein Spießerblatt bei Liefers, Loos und Mälzer und die bequeme Art von Gruner + Jahr, Personal loszuwerden.
H allo taz-Medienredaktion!
Ist dir schon aufgefallen, in den Medien herrschen Russland-Soli-Wochen?! Alle Menschen sind „gleich an Würde und Rechten geboren“, heißt es in Artikel 1 der Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen. Russland setzt dies für Homosexuelle außer Kraft, weltweit treffen sich am Sonntag Lesben und Schwule vor den Botschaften und Konsulaten zur Kuss-Demonstration – und keiner berichtet drüber! Außer der Stuttgarter Zeitung, das stimmt. Also ein Lob der Stuttgarter Zeitung!
Richtig gern habe ich am Montagabend die „Wahlarena“ gesehen. Wer braucht schon die hochbezahlten Selbstdarsteller Klöppel, Illner, Will und Raab, wenn er solche gut fragenden Bürger hat? Natürlich habe ich mich gewundert, wie die ARD drauf kommt, wieder mal zwei Herren die Sendung moderieren zu lassen?
Erst habe ich gedacht, so ein Termin muss natürlich mit Leuten mit tollem Chefposten bestückt werden und da gibt es vielleicht keine Frau in der ARD. Aber irgendwie ließ mich diese Lösungsmöglichkeit unzufrieden. Also habe ich weitergedacht und weitergedacht und dann, beim 71 Rumwälzen in den Federn, ist es mir eingefallen: Mit Merkel ist die Frauenquote ja erfüllt! Da ist ja eine in der Arena!, werden sich die Sendungsausdenker gedacht haben und Schönenborn und Cichowicz die Haare gekämmt und vor den Bildschirm geschickt haben. Und am Mittwoch, wenn Steinbrück kommt? Dann fragt man ihn, ob er gern kocht.
Für wie blöd halten die uns?
Apropos Bildschirm. Dass die Wahlarena geöffnet sein würde, habe ich nicht aus einer Fernsehzeitschrift. Anders „Tatort“-Pathologe Jan Josef Liefers, der wie wir durch landesweite Plakate wissen, „Hörweg“ zuhause hat. Und weil Springer es mit dem Sparen nur bei den Mitarbeitern genau nimmt, haben sie noch Plakate geklebt, dass auch Anna Loos „Hörweg“ zuhause hat. Die die Frau von Liefers ist.
Womit es ja logisch ist, dass auch sie die „Hörweg“ zuhause hat, wenn er die hat. Für wie blöd halten die uns? Auch Tim Mälzer behauptet, die „Hörweg“ zuhause zu haben. Und da lach ich mir doch einen Ast. Erstens sieht man an seinem Werbeengagement, der Mann macht alles, wofür Geld aus dem Hahn tropft, und warum sollte so ein Kerl so ein Spießerblatt wählen? Wobei natürlich klar ist, dass er seit dem Werbevertrag die „Hörweg“ bei ihm rumliegt. Und ich wette, 94 Prozent der Ausgaben landen undurchblättert im Altpapier.
Im Altpapier gewühlt haben wohl auch Julia Jäkel und Stephan Schäfer, die Aussortierbeauftragten bei Gruner + Jahr. Dabei sind ihnen die vielen Wohnzeitschriften in die Hände gefallen, die der Verlag neben Kochmagazinen und Klatschillustrierten herausbringt. Und sie haben sich gedacht, Mensch, wenn wir schon so tolle Hefte machen, in denen wir zeigen, wie schön Einrichten ist, dann sollen doch auch unsere Mitarbeiter die Gelegenheit bekommen. Und was beschließen sie? Die Münchner Standorte dichtzumachen und zu sagen, wer von euch weiter für sein Heft arbeiten will, dem machen wir das „Angebot, nach Hamburg zu wechseln“! Was für die Verwalter der publizistischen Resterampe zu der sich G+J entwickelt, natürlich eine bequeme Art ist, Personal loszuwerden.
Dicke Tränen weint der FAZ-Chef Tobias Trevisan, dass sein Haus nicht schon früher was andres gemacht hat als Zeitung. Man hätte entschiedener auf Diversifikation setzen sollen, statt so lange auf die Krisen-Schlange zu starren. Ja, blöd. Die Bibel bringt schon die Bild unters Volk und den Hintern auf der Idee vom Trauerportal hat die Süddeutsche Zeitung. Bleibt wohl nur was mit Textilien. Und damit zurück nach Berlin!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut