Kolumne Die Kriegsreporterin: „Who the Fuck is Alice?“
Die ganzen Steueraffären sorgen nicht für Empörung, sondern auch für handfeste Ohrwürmer. Perfekt! Zeit für ein neues Fernseh-Quiz!
H allo taz-Medienredaktion! Ich möchte Schmerzensgeld. Rückwirkend ab 1. 1. 2014. Ich bin ja ein Liedmensch. Das heißt, zu allem Möglichen fallen mir Lieder ein. Leider sind die Themen, die ich hier für dich bearbeite solche, zu denen sich die schlimmsten aller Songs im Kopf einnisten.
Tagelang hatte ich rund um den Ups-ich-habe-die-Steuern-vergessen-Theo-Sommer-Skandal „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“ von Rudi Carrell im Kopf und kaum sind die Noten verklungen, kommt der nächste unausstehliche Ohrwurm: „Who the Fuck is Alice?“
Ich weiß, du kannst nichts dafür, dass die Medienmacher a) alle so viel verdienen, dass sie ein Konto in der Schweiz brauchen, weil das deutsche voll ist und b) sie von den Geldhaufen nichts sagen und uns alle bescheißen. Aber du kannst was tun für mich: Schmerzensgeld heraushandeln!
Interessant wird die Causa Schwarzer vor allem dadurch, dass Alice Schwarzer die Frauen, die für die Emma schreiben, unterirdisch schlecht bezahlt, dann aber Manns genug ist, die böse Seite des Unternehmertums voll auszukosten und selbst Kohle zu horten. Wobei die wohl nicht aus den Emma-Einkünften stammen wird.
Aber, das alles ist ja, wie Schwarzer sagt, eine Kampagne. Weil sie mit ihrem Antiprostitutionsvorgehen gewissen Leuten auf die Pelle rückt. Und es um einen Millionenmarkt geht. Mit ihrer was? Ach deswegen brechen die Luden hier in Hamburg überall die Zelte ab. Packen ihre Frauen und die Chiwawas in den Kofferraum. Ich habe mich schon gewundert …
Errate den Sünder
Auf jeden Fall ist der Steuerbetrug doch ein tolles Thema für eine weitere Spielshow in der ARD. „Das große Quiz der Steuerschuldner“ etwa, könnte mit den entsprechenden Kandidaten sehr lustig werden. Oder auch ein Aktionsspiel, bei dem Schwarzer, Hoeneß, Sommer, das Bobbele und Paul Schockemöhle Schlupflöcher finden müssen, Geld in Autos verstecken, Bilanzen fälschen.
Natürlich erwartest du, Medienredaktion, einen Bericht von der „Journalist des Jahres“-Feier des Medium Magazins in Berlin, auf der ich, wie jedes Jahr von Liebreiz umrankt, die Fahne der Unbestechlichkeit hochgehalten habe. Und auf der deine Hamburger Redakteurin Kaija Kutter für die Aufdeckung des Skandals um das Jugendheim Haasenburg in der Rubrik „Lokales“ ausgezeichnet wurde. Kann ich verstehen. Finde ich aber langweilig.
Dauerwerbung bei der Goldenen Kamera
Viiiiieeeel aufregender ist die Verleihung der Goldenen Kamera, die am Sonnabend im ZDF gezeigt wurde. Ich kann und kann und kann einfach nicht verstehen, dass diese Sendung ohne die Einblendung „Dauerwerbesendung“ erlaubt ist. Es wird keine Gelegenheit ausgelassen, den Kamera-Verleiher, die Zeitschrift Hörzu, zu erwähnen. Geschätzte Nennung: 80-mal. Außerdem meine ich mich zu erinnern, dass das ZDF ganz fest versprochen hatte, in seinen Shows keine Autos mehr werbewirksam in Szene zu setzen. Dennoch wurde Mercedes Benz als Sponsor eines Wagens in Wort und Bild warm gefeiert.
Am allerallerlustigsten aber finde ich, dass der Produzent Nico Hofmann als Jurymitglied seinen eigenen Film „Unsere Mütter, unsere Väter“ ausgezeichnet hat. Eine Randnotiz, dass das Magazin Hörzu Reporter ein Porträt des „Überfliegers“ gebracht hat, das vor Ehrerbietung ganz rutschig war. Richtig gut war Iris Berben. Die Frau, die ich für gewöhnlich gern blöd finde. Sie hat den versammelten TV-Verantwortlichen den fehlenden Willen zur Herausforderung um die Ohren gehauen. Danke. Und mit einer Goldenen Kamera für wahre Worte zurück nach Berlin!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“