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Kolumne Die Farbe LilaNein, ich knete keine Vulva

Kolumne
von Susanne Klingner

Stricken: super. Blogs: super. Gebärmütter: super. Die Kombination aus allen dreien: irgendwie unsuper.

E s gibt ein paar Dinge, die ich nicht wissen muss. Zum Beispiel, wie man einen Uterus strickt.

Das entscheide ich, als ich in einem Blog das Bild einer faustgroßen rosa-plüschigen Gebärmutter sehe. Mit zwei Eileitern als Armen sieht sie ganz witzig aus, aber irritiert mich sehr.

Nun könnte man sagen: Schau dir halt solche Blogs nicht an.

Aber ich bin gern dort, wo sich Feminismus und Do it yourself treffen. Feministisches Selbermachen hat nämlich einen vermeintlichen Widerspruch gelöst: Ich bin Feministin. Und ich nähe, stricke, koche, gärtnere gern. "Trotzdem" habe ich immer gesagt, wenn das Gespräch darauf kam. "Ich bin trotzdem Feministin." Oder andersherum: "Ich backe trotzdem gern."

Ich schämte mich ein bisschen für meine Hobbys. Ich fand, ich erfüllte damit ein altmodisches Frauenbild. Und jeden Schwiegermuttertraum - von einer haushaltlich begabten Schwiegertochter. Das Einzige, worauf ich mich immer herausreden konnte: dass ich nicht nur die Nähmaschine bedienen kann, sondern auch einen Schlagbohrhammer - dass ich einfach gern mit meinen Händen arbeite.

Bild: stephanie füssenich

Susanne Klingner ist Mitautorin des Buches "Wir Alphamädchen" und bloggt auf mädchenmannschaft.net.

Dann entdeckte ich US-amerikanische Feministinnen, die Handarbeit ein neues Image verpassten, sie aus der bürgerlichen Umklammerung befreiten und stattdessen gegen Konsum und Kapitalismus anstrickten. Ich entdeckte auch: "revolutionäre Strickzirkel" und "bad-ass"-Nähkränzchen und abonniere enthusiastisch all die Do it yourself-Blogs, die mir nicht marthastewardesk auf die Nerven gehen mit Vorschlägen wie, ich müsse mal wieder für meine Sofakissen neue Bezüge nähen, weil es doch da jetzt diese wunderschönen Rosenprints gibt.

Aber dann ist da auch die Sache mit den gestrickten Gebärmüttern. Vulven aus Gips. Oder Nähanleitungen für Hygienebinden. Dann vielleicht doch lieber marthasteward.com? Ich kann gar nicht so genau sagen, warum mich so ein Strick-Uterus nervös macht. Eigentlich ist doch alles schön - Stricken: super. Blogs: super. Gebärmütter: super. Nur die Kombination aus allen dreien: irgendwie unsuper.

Vielleicht weil sich Feministinnenhasser so wohl die Freizeitgestaltung von Feministinnen vorstellen. Ich habe viele Abende damit verbracht, Menschen zu erklären, dass Feministinnen nicht so sein müssen. Wenn sie es dann doch sind, wenn sie in jedes Klischee passen - einen Selbstfindungsfeminismus betreiben, der bei gestrickten Gebärmuttern und Ratgebern "Entdecke die Göttin in dir" anfangen und bei Seminaren à la "Menstruieren in den Waldboden" aufhören -, ist mir das irgendwie unangenehm. Ich kann sie nicht mehr ernst nehmen. Und sie sind mir peinlich. Aber genau das ärgert mich.

Die können doch machen, was sie wollen; so ein Waldmenstruationswochenende tut niemandem weh. Ich wünschte, ich müsste nicht immer lachen oder genervt die Augen verdrehen, wenn ich dem Selbstfindungsfeminismus begegne. Ich meine, ich bin nicht Welten davon entfernt: Meine Tochter wird von mir spätestens mit Beginn der Pubertät einen Spiegel in die Hand gedrückt bekommen, um sich ihre Architektur da unten genauestens anzuschauen. Trotzdem werde ich ihr zum Geburtstag eher eine Bohrmaschine schenken als ein Bastelset für eine selbstgemachte Vulva aus Gips.

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8 Kommentare

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  • W
    weibsbild

    @stimmvieh

    "Um aber ein bisschen beim Thema zu bleiben: Stricken oder Kochen sind per se nicht un-feministisch."

     

    ich finde es immer wieder interessant, wie männer sich in frauenthemen reinhängen, das selbstbewusstsein haben zu beurteilen was feministisch ist und was nicht, unter weiträumiger umgehung ihrer "eigenen" themen (siehe kolumne: "männer", oft recht wenig postings). vielleicht grundton und thema so harmlos ausfallen?

     

    ja, gestrickte gebärmütter - richtig süß!

  • S
    Stimmvieh

    Total Off-Topic, aber ich versuche gerade mir bildlich vorzustellen, wie ein paar Männer (am besten Biker in Lederjacken) Phallus-Symbole stricken oder eine Prostata aus Ton modellieren...

    ;-)

    Ich hoffe nur, ich bekomme das Bild wieder aus meinem Kopf!

    You made my day!!!

     

    Um aber ein bisschen beim Thema zu bleiben: Stricken oder Kochen sind per se nicht un-feministisch. Aber was das Stricken von Geschlechtsorganen mit Gleichberechtigung zu tun hat, erschließt sich mir zumindest auf den ersten Blick nicht so recht... Ohne das je ausprobiert zu haben glaube ich jedenfalls, dass es meiner Selbsterkenntnis nicht dienlich wäre einen Penis zu stricken oder so... ;-/

  • H
    Holzer

    Jetzt werden sich Frauen zunehmend selbst ein Rätsel!Lustig!Und das mit dem Spiegel,spätestens Pubertät,ist zu spät Mutti!Obwohl,ist vielleicht doch eher die Außnahme das man 8jährige in Flagranti...!

  • T
    Trixie

    igitti, vulva, da unten...will ich denn jetzt feministenhassern gefallen oder feministin sein? ich finde die idee herrlich, sich mit einem gestrickten objekt zum herzeigen über ein unsichtbarkeitsgebot hinwegzusetzen. sehr lustig.

  • A
    anke

    Eine ziemlich vernünftige Entscheidung, finde ich. Das Kind wird dankbar sein, wenn sie hört, was die Alternative gewesen wäre. Mit einer Bohrmaschine, schließlich, kann, wer die richtigen Zubehörteile kauft, eine ganze Menge mehr tun als nur bohren. Für eine Gips-Vulva fiele mir so ganz aus dem Stehgreif überhaupt keine Verwendung ein. Dem Kind, nehme ich an, würde es kein Stück anders gehen, und das hat rein gar nichts damit zu tun, dass wir zwei weiblich sind. Ich meine: Gips!

  • DH
    Dr. Harald Wenk

    Das etwas allgemeinere Problem ist das der "Neoarchaismen" aufgrund der Unzulänglichlichkeiten

    der Theorie und Praxis der Subjektivierungen - hier des

    "Frauwerdens". Postmoderne Theorie hat da etwas geleistet, einschliesslich eigener Feminismusvarianten. Die Beschwerde des Mangels der Praktizierung des "State of the Art" ist daher auch etwas allgemeiner. Auszubaden haben es nämlich auch die Männer.

  • O
    ojve

    uneigentliche existenz, hätte bultmann wohl gesagt.

    statt eine eigene, unabhängige lebensweise zu finden, kann sich die autorin offenbar nur in ablehnung anderer definieren, wesentlicher lebenszweck: nur nicht sein wie diese (nannte man früher nebbich auch pharisäertum).

     

    "Meine Tochter wird von mir spätestens mit Beginn der Pubertät einen Spiegel in die Hand gedrückt bekommen, um sich ihre Architektur da unten genauestens anzuschauen."

     

    na, die tochter wird sich vermutlich bedanken, wenn die mutter sich in ihre intimsphäre drängt.

    macht aber nix -- für einen guten zweck müssen solche chauvinistischen instinkte brutalstmöglich ausgetrieben werden ...

  • R
    RoseBud

    liebe autorin, schenken sie ihrer tochter doch einfach das, worauf sie wirklich bock hat. ich halte das für eine (für alle beteiligten schmerzhafte) illusion, dass politische haltungen mit dem "vorschlaghammer" (auch wenn er soft wie schaumstoff sein sollte) anerzogen werden können.

     

    haus- und handarbeit finde ich jedenfalls eher lästig, werkeln dagegen super. obwohl (oder gerade weil?) mutti mir das nicht beigebracht hat. mein bruder kann übrigens stricken, viel besser als ich ...