Man muss Hilal Sezgin mal ein Lob aussprechen, dass sie hier (erneut) so klare und zugleich relativ unpolemische Worte findet zum Phänomen "deutsche (bzw westl.) Islamkritik".
Ähnlich reflektiert-differenziert kommt übrigens der Kommentar von Moritz auf dieser Seite daher.
Das bekloppte an dieser Islamkritik ist ja nicht, dass es am Koran oder bestimmten Auswüchsen des Islam oder allgemein (imperialistischen) Religionen nichts auszusetzen gäbe - sondern dass die "Kritik" von Menschen geäußert wird, deren "Kultur" (nämlich die christlich-westlich-kapitalistische) sie durch Krieg / Kolonialismus / Ausbeutung zu Nutznießern eines Wohlstand macht, der 2% der Weltbevölkerung vorbehalten ist.
Anders ausgedrückt: da lamentieren übersättigte Sesselpupser über fehlende "Menschenrechte" im "Islam", während die von uns gewählten Regierungen in Afghanistan & Irak Bomben auf Menschen & Häuser abwerfen (mind 40000-1 Mio getötete Zivilisten), um diesen ungerechten Wohlstand auf Kosten "anderer Völker" auszubauen. Und halten "den anderen" dieses unsere System dann als erstrebenswerte & moralisch überlegene Alternative entgegen.
Noch anders ausgedrückt: da erklärt der narzisstische US-Sklavenhalter den Schwarzen, was er an deren Religion moralisch fragwürdig finde.
Mal abgesehen davon, dass man [wenn es denn um Moral und nicht schlicht die Unterwerfung "der anderen" gehen soll] zuerst mal an unserem westlichen System etwas ändern müsste, bevor man irgendwo anders hin blickt, ist derartige Pauschalisierung ein ernstes Problem.
Der Unterschied ist nämlich: Wenn wir unsere moralischen Mängel (westl. Imperialismus; soziale Ungerechtigkeit etc) in den Blick nehmen / kritisieren / bekämpfen, dann differenzieren wir automatisch. Soll heissen: begegnen wir einem Mitteleuropäer, sehen wir in ihm nicht den "bösen Ausbeuter & Unterdrücker" - außer wenn es sonstige Hinweise darauf gibt, dass er persönlich solch einer ist.
Blicken wir allerdings auf "moralische Defizite" von "anderen" (hier "des Islam"), entwickeln sich daraus Vorurteile, d.h. begegnen wir einem (vermeintlichen) Moslem (d.h. einem vermeintlichen Orientalen), schreiben wir ihm automatisch diese Defizite gedanklich zu - schlicht, weil er unserem Bild eines Moslems entspricht, unabhängig davon ob er überhaupt Moslem oder als Moslem persönlich ein Vertreter dieser moralischen Defizite ist.
Ich spar mir gezielte Antworten zu den "Anti-Sezgin"-Kommentaren auf dieser Seite - obwohl man jeden einzelnen in der Luft zerpflücken könnte.
Es gibt "die Moslems" genauso wenig wie "uns Christen / Europäer" - sonst müsstet ihr & eure Mutter & eure Kumpels euch persönlich verantworten für die geraubten Ländereien + Fast-Ausrottung von Indianern & Aborgines und xxxx weiterer Ethnien, für Holocaust & die tägl. neuen Toten in Afghanistan & Irak & an den europäischen Grenzen, für Kinderarbeit in aller Welt & all die ganze Scheiße, auf die unser Wohlstand (u.a.) gebaut ist.
Solange ihr euch den Schuh nicht anziehen wollt, könnt ihr auch keine "fremden Kulturen" kritisieren – und wenn ihr ihn anzieht, fehlt jegliche Grundlage für moralisches Besserwissertum.
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