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Kolumne BlickeEtwas mit Cunnilingus

Ambros Waibel
Kolumne
von Ambros Waibel

Von Glanz in den Augen, Weihnachtsfeiern und Sex mit Handstaubsaugern.

Z ur wichtigsten Weihnachtsfeier des Jahre kam ich zu spät; und das lag nicht an den vielen Türen des Bürgerhauses, wo die Sache stattfand, Türen, die ich zaghaft öffnete, um von Gruppen böse Blicke zu ernten, die – geschult durch Aktivitäten wie "Der erfahrbare Atem (Middendorf)" oder "Wege zur Tiefenentspannung" – doch eigentlich auf Störer gelassen reagieren sollten.

Dass eine riesige Schar sechsjähriger Kicker samt Eltern und Trainerstab natürlich im größten Raum des Hauses feiern würde, hätte mir von vornherein klar sein können. Aber ich war von Arbeit und Amüsement schon zu zerrüttet, um auch noch in meiner Vaterzeit logisch denken zu können.

Als ich dann in dem schön-überhitzten Saal stand und diesen ganz bestimmten Geruch von Kinderfesten in mich einsog, suchte ich in der Menge der Knirpse den Blick meines jüngeren Sohnes zu fassen. Er war konzentriert am Spielen, aber irgendwann sah er mich dann doch, lächelte scheu und wandte sich wieder dem Wichtigen zu. Ich blieb am Eingang stehen, ich hatte keine Lust auf Kaffee und Kuchen, ich kannte hier auch kaum jemanden.

Bild: Alexander Janetzko
AMBROS WAIBEL

ist Meinungs- und tazzwei-Redakteur der taz.

Die Blicke der zumeist jungen Eltern waren auf die Mitte des Raumes gerichtet, sie saßen hier schon anderthalb Stunden, aber sie schienen überhaupt nicht ermattet, sie hielten sich an den Händen und hatten diesen Glanz in ihren Augen, den Glanz, den ich nach den zahlreich überstanden Fußballweihnachtsfeiern meines älteren Sohnes einfach nicht mehr hinbekam.

Mein ganzes Vollzeit-Job-und-geschiedener-Teilzeit-Vater-Leben kam mir so merkwürdig vor wie schon lange nicht mehr. Und während ich doch eigentlich gekommen war, um irgendwie ein Teil dieser Veranstaltung zu sein, also mit meinem Söhnchen etwas zu erleben, was explizit dazu da war, ihm zu gefallen und nicht mir – in diesem Moment musste ich an einen Roman denken, so ziemlich den einzigen, den ich in diesem Jahr gelesen hatte.

Ein Mann erzählt darin, wie er genau das Leben geführt hat, das ihm gefällt: Mit einer Frau, mit der er zusammenlebt und die er liebt, mit einer Tochter, die er jeden Morgen zur Schule bringt, mit einem kreativen Beruf – und mit einer nicht enden wollenden und hübsch drastisch beschriebenen Reihe von Sexgeschichten. Sehr genau wird etwa ausgeführt, wie entscheidend-wichtig ein leistungsfähiger Handstaubsauger ist, wenn man regelmäßig im Ehebett fremdvögelt (das Gerät hat natürlich die Ehefrau angeschafft).

Und dann ist dieses Leben auf einen Schlag vorbei: Die Frau verschwindet für eine Woche, und der Mann grübelt, wann ihm denn der entscheidende Fehler unterlaufen ist. Der Witz ist nun: Als die Frau vorübergehend zurückkommt, weiß sie gar nichts von seinen Betrügereien. Sie ist weggegangen, weil sie – nein, für die eigentlich Pointe ist kein Platz mehr. Es hat auf jeden Fall etwas mit Cunnilingus zu tun; mit ihren Bedürfnissen eben, nicht mit denen des wie ein Monsterteddy um sich selbst kreisenden Mannes. Und dann war da plötzlich wieder mein Sohn. Es sah aus, all hätte er schon länger meinen Blick gesucht.

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Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.

4 Kommentare

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  • T
    Toby

    Gar nicht übel! Guter Text. Bei Lichte sogar sehr guter.

    Danke.

    Aber wenn es den Handstaubsaugerroman wirklich geben sollte, hätte ich auch gerne Autor und Titel gewußt.

  • AW
    ambros waibel
  • MM
    martin muser

    wassn das für'n roman? titel? autor? oder ist das geheim?

  • KM
    Kid Moe

    lol wut