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Kolumne Bitches in Baku #13Und das Licht ging aus

Als alles vorbei war, wurden die Türme dunkel. Im Pressezentrum begann die Schlacht um den Promo-Müll. Es waren zwei ambivalente, schrecklich-wunderbare Wochen.

N ach dem Finale, die Schwedin Loreen hatte gerade ihre etwas irrlichternde Pressekonferenz gehalten und wirkte ganz & gar bedröhnt ob ihrer Glückshormone, fand das große Ramschen statt. Hinter dem Eingang zum Pressezentrum standen vor den Tresen Trauben von akkreditierten Fans und auch Journalisten, die die unausgeleerten Pressefächer am liebsten selbst ausgeräumt hätten. Darin waren nämlich viele Promo-CDs, die bei Ebay für manches Geld noch versteigert werden können.

Wären die Volunteers, die die sogenannten Pidgeon-Holes zwei Wochen verwaltet und betreut hatten, nicht so cool gewesen, wäre außerdem ihr Tresen aus Sperrholz und nicht aus hartem Resopal, wäre um deren Leben zu fürchten gewesen. Die Schlacht um den Müll soll, hörte ich, eine Stunde gedauert haben. Auf dem Boden liegen blieben die Single-CDs der österreichischen Trackshittaz, die nun wirklich niemand mehr haben wollte.

Das ergab Sinn. Denn die zwei Männer, die von wackelnden Hintern schwärmten, belegten, wie nun veröffentlicht wurde, in ihrem Semifinale den allerletzten Platz. ARD-Kommentator Peter Urban bemerkte treffend: Das war für'n Arsch. Er sollte Recht behalten.

Bild: taz
Jan Feddersen

taz-Redakteur, Jahrgang 1957, schreibt als Journalist und Buchautor („Wunder gibt es immer wieder“) über den ESC seit 1989. Er bloggt auch auf eurovision.de für die ARD.

Als das Finale verklungen war, als auf dem Taxi-Platz vor dem Monument an Flaggenplatz noch vor der Crystal Hall noch die letzte Droschke abgefahren war, fehlte etwas am Horizont. Es waren die Flammenden Türme, die über den Hügeln der Stadt thronen und Abend für Abend zu einem monströsen Stadtmöbel des Licht mittels LED-Bespielung aufgepeppt wurden. Erstmals schien es dunkel. Am Himmel wurde es hell zum Morgen hin, die Türme aber schienen erschöpft, ausgelaugt. Ihre Funktion, dem Regime von Aserbaidschan etwas dubaieske Ambitionen zu illustrieren, wird momentan nicht mehr benötigt.

Es waren zwei ambivalente, wunderbare wie schreckliche Wochen. Diese Stadt und ihre Leute scheint nach dem anerkennden Blick Europas zu gieren. Und damit sind nicht die Funktionäre des Alijev-Regimes gemeint, sondern das, was man Bevölkerung nennen kann. Die Opposition, die die Polizeien der Stadt ungeschickterweise während der Tage des ESC in Baku öfters zusammenknüppelte, hätte trotzdem gern einen Sieg ihrer Chanteuse Sabina Babayeva gehabt.

Dann wäre der ESC wieder in Baku, abermals hätte man mit Hilfe des medialen Sensorensystems des Westens auf sich aufmerksam machen können, hätte die mafiotischen Staatsstrukturen neuerlich in Misskredit bringen können. Dass das aserbaidschanische Lied auf dem vierten Platz landete, kam diesem Wunsch nahe. Gegen die Schwedin hatte auch diese überkosmetisierte Frau nichts auszurichten.

Die Marketingagentur des ESC, T.E.A.M., mit Sitz in der Schweiz, denkt nicht mehr in den Ost-West-Kategorien. Als die European Broadcasting Union begann, ihre Marke ESC nicht weiter als Fallobst des televisionären Entertainments zu behandeln, sondern sie professionalisierte, was etwa vor zehn Jahren begann, wollte man auch den postsozialistischen Osten dabei haben, aber er sollte nicht gewinnen. Überall dort nur Raubkopisten und keine kaufkräftigen Konsumenten. Das hat sich geändert. Wäre es nach den Marketingstrategen gegangen, wäre ein Sieg der Russinnen – den sogenannten süßen Omis – besser gewesen. Russland als Markt macht sich einfach gegen den diese edelkapitalistischen Schweden einfach besser.

Was nun mit Roman Lob wird? Er geht auf Tour. Wird nicht in Eventhallen wie einst Lena Meyer-Landrut auftreten, aber in Clubs. Er hat eine Zukunft. Er hat Elektromechaniker gelernt. Und man tut ihm nichts Böses an, wenn man sagt: Er ist zu vielen Seiten hin offen. Guter Auftritt, okayer achter Platz – er liebt Musik und das Stehen auf der Bühne. Man wird sehen.

Loreens Sieg hat in einer Hinsicht noch ein Gutes. Ihr sphärischer Pop ähnelt nur sehr indirekt dem schwedischen Sound, der seit Abba 1974 aus diesem Land nach Mitteleuropa weht. Dieser Abba-Skandinavien-Gute-Laune-Sound lag über dem Mainstream-Schweden wie Mehltau. „Euphoria“ ist die Hymne aller Leichtdrogenkonsumenten. Sie ist performativ einfach sensationell. Und mit ihr siegte im Übrigen auch eine Schwedin, die einen sogenannten Migrationshintergrund hat. (Sieht man von Annafrid Lybngstad von Abba ab, Norwegerin von Geburty.) Loreen, obendrein nicht skandinavisch-blond, ist, allein ihres metropolen Akzents wegen, durch und durch Schwedin, auch Kind aus Marokko eingewanderter Eltern.

In Zukunft könnte alles kleiner werden, sagte Jan Ola Sand, in der EBU verantwortlicher Direktor des ESC. Das wird nun nix. In Solna, am Rande von Stockholm, wird im Dezember ein neues Stadion eingeweiht, es hat Platz für 65.000 Menschen. Ist auch überdachungsfähig. Es wäre ein Wunder – das ausbleiben kann – wenn der schwedische Sender SVT diese Show nicht dort ansiedeln würde. SVT ist nah dran am dem, was man als schwedisches Gemüt verstehen kann: Da zeigt man doch der Welt, wie es geht, glorios und irgendwie auch bezaubernd.

Nach dem ESC ist vor dem ESC. Nächstes Finale am 18. Mai. Schade, dass es nicht wieder um Politisches geht – Moskau hätte sich in dieser Hinsicht doch sehr gelohnt.

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
Jan Feddersen
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Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
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9 Kommentare

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  • M
    Mainzer

    Liebe Redaktion,

     

    bitte einmal formatieren und neu aufsetzen. Irgendwas ist bem Feddersen kaputt.

     

    Dieses Boulevardgebrabbel hat man doch schon auf 1000 anderen Kanälen... Muss das auch noch hier sein?

     

    Meine Güte....

  • J
    Johannes
  • J
    JGonz

    Bitte,

     

    liebe TAZ, erspart uns den Feddersen in Zukunft! Bei Burda wäre der doch viel besser aufgehoben, und die Leser da würden es eh nicht merken.

     

    Hier, in der TAZ, gibt er durchaus einen Anlaß sich zu fragen, ob Ihr noch alle Tassen auf'm Stövchen habt. Der Typ schreibt nicht gut, ist nicht investigativ, nicht brilliant, noch nicht mal links, konträr oder wenigstens lustig - er ist einfach peinlich mit seinem PR-Gesülze.

     

    Das habt Ihr nicht nötig.

     

    mfg

  • K
    Knüppel

    Dass Meister Feddersen wohl von nichts wirklich eine Ahnung hat - noch nicht einmal von seinem selbst gewählten Spezialgebiet, dem Eurovisionsgedöhns - zeigt ja besonders eindrucksvoll seine Kolumne: "Warum Engelbert gewinnt" (Platz 1 Engelbert Humperdinck, Großbritannien :-) ..., Platz 17 Loreen, Schweden :-))

     

    Na denn, Schwamm drüber bis zu seinem nächsten Gebrabbel über und aus Schweden.

     

    Dass Feddersen aber offenbar noch nicht einmal fehlerfrei schreiben kann, ist für einen selbsternannten Journalisten, denn doch unakzeptabel. Im vorletzten Absatz seines Machwerks "Und das Licht ging aus" finden sich sagenhafte 5 Rechtschreibfehler - wer sie findet gewinnt kein Abendessen mit dem taz-Journalisten, wer sie nicht findet muss hingehen :-)

     

    Noch ist es nicht zu spät für Feddersen, hat er doch einst "Elektriker" gelernt und kann zurückgehen in seinen alten Beruf, oder ... war das jetzt doch jemand anderes, etwa ein gewisser Roman Lob :-). Na egal, mit den Fakten nimmt es Feddersen ja selbst nicht so genau.

  • C
    ContraPunkt

    Der nächste ESC wird also unpolitisch?! Warten wir mal ab, bis die Engländer Julian Assange an die Schweden ausgeliefert haben, die ihn postwendend an die USA verscherbeln. Da sag ich auch: "Sweden, Europe is watching you!"

  • P
    petronius

    die "Marke ESC" wurde professionalisiert?

     

    gut, daß hr. feddersen uns das mitteilt. von alleine hätte ich es nicht bemerkt

  • L
    Lars

    Jan Feddersen schwappt von einem Extrem ins andere. Neulich noch das Gute-Laune-Fest gegen alle "Spaßbremsen" verteidigend, welche die Umstände Bakus ansprachen und den Blick aufs Wesentliche, eine unpolitische Fröhlichkeit, zu versperren drohten, jetzt wäre er aber glatt dafür, gleich nach Moskau zu ziehen, vermutlich aber um dann dort erstmal wieder Spaßbremsen auszumachen.

  • IN
    Ihr NameKim

    Braucht Europa so ein Spekatakel? Ich finde ja, denn es lässt Europäer friedlich zusammen feiern.

     

    Wenn man Eurovision in Frage stellen will, können wir die Liste aufmachen mit anderen Veranstaltungen und der Frage: Brauchen wir die? Oder haben wir keine anderen Sorgen?

     

    Brauchen wir Fußball? Brauchen wir Theater? Brauchen wir Oper? Formel 1 Rennen? Brauchen wir überhaupt Veranstaltungen zu denen Menschen zusammenkommen?

     

    Ich finde: JA!

  • U
    uri125

    Gut gesehen, allerdings braucht Europa wirklich so ein Spektakel, haben wir keine anderen Sorgen.

    Möglicherweise suchen die Menschen auch nur die Ablenkung. Die Omas waren super und zeigten mit der Wertung zugleich, das Altern nichts mit altem Eisen und das dahinvegitieren in einem Altenheim zu tun hat.