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Kolumne American PieNHL ist noch unbeliebter als BP

Kolumne
von David Digili

Nach dem Streit zwischen der Spielergewerkschaft und der Eishockey-Liga startet die NHL-Saison nun doch. Der Imageschaden ist riesig.

NHL-Ikone Sidney Crosby beißt sich vor Freude ins Hemd. Bild: dapd

E ine gefühlte Ewigkeit haben die Eishockeyfans in Nordamerika auf diese Botschaft gewartet: „Ab dem 19. Januar fliegt der Puck wieder übers Eis.“ In ganz großen Lettern prangte die sehnsüchtig erwartete Nachricht in den letzten Tagen auf der Homepage der National Hockey League (NHL). Der monatelange Arbeitskampf zwischen Eishockeyspielern auf der einen und Klubs und Ligaführung auf der anderen Seite ist beendet.

„Ich bin einfach nur erleichtert und zufrieden“, strahlte der stellvertretende Liga-Chef Bill Daly in alle Kameras. Seit dem 15. September letzten Jahres hatten beide Parteien über ein neues Gehaltsabkommen gestritten, der reguläre Saisonstart am 11. Oktober wurde ausgesetzt. Vergangenen Samstag wurden die Unterschriften unter einen neuen Tarifvertrag über zehn Jahre gesetzt, der sich schon in den Tagen zuvor abgezeichnet hatte.

Sonntag war der erste offizielle Trainingstag. Liga-Ikone Sidney Crosby erklärte erleichtert: „Es fühlt sich einfach viel besser an, als warten zu müssen. Zu dieser Jahreszeit sind wir es nun mal gewohnt, in Spielkleidung auf dem Eis zu stehen.“ 89 Prozent aller Spieler beteiligten sich an der entscheidenden Abstimmung, dabei gab es neben 667 Ja-Stimmen sogar zwölf Cracks, die mit Nein votierten.

Es ging wie immer ums Geld. Künftig werden die Saisoneinnahmen von geschätzten 3,5 Milliarden US-Dollar zur Hälfte zwischen dem Ligaverband und den Profis geteilt werden. Nun wartet auf die Streitparteien eine vielleicht noch schwere Aufgabe: die Eindämmung des angerichteten PR-Schadens.

„Dieser Lock-out hat eine Menge Frustration, Enttäuschung und Leid verursacht unter den Menschen, die der National Hockey League in verschiedenster Weise nahestehen“, bat Liga-Chef Gary Bettman öffentlich reumütig um Entschuldigung. „Damit so ein Desaster nicht noch einmal passiert, werden wir in den kommenden Jahren daran arbeiten, die Beziehungen zwischen uns und der Spielervereinigung zu intensivieren und zu verbessern. Wir müssen starke Partner sein.“

David Digili

ist Autor der taz.

Millionäre gegen Milliardäre

Bettman weiß um die mediale Wirkung, wenn Millionäre mit Milliardären zanken. Der 60-Jährige ist seit 1993 an der Spitze der NHL – und geübt im Arbeitskampf: Schon in der Spielzeit 1994/95 kam es zu Streitigkeiten und einem „Lock-out“, also einer Aussperrung der Spieler durch die Klubs, ebenso 2004/05, als sogar die komplette Saison ausfiel. Bis heute ein Novum im US-Sport.

Auch dieses Mal fürchtet die weltweit beste Eishockey-Liga große Verluste. „Wir werden geschätzt 10 bis 20 Millionen Dollar pro Tag verlieren“, schätzte Bettman bereits zu Beginn des Lock-outs. 13 der 30 Teams stecken ohnehin tief in den roten Zahlen: Sie spielen entweder in kleineren Städten, in Orten ohne großes Eishockey-Publikum, oder sie sind erfolglos – alles Gründe für geringe TV-Einnahmen und hohe Verluste. Andere machen die hohen Spielergehälter dafür verantwortlich. Eine genaue Analyse steht noch aus.

Die Spielzeit wurde von ursprünglich 82 auf 48 Partien eingedampft, das medienwirksame „Winter-Classic“-Spiel unter freiem Himmel wie auch das sponsorenfreundliche All-Star-Game fielen dem Lock-out zum Opfer.

Charmeoffensive erwartet

Vergrätzte Fans werden sich auf viele Ticketaktionen und allerlei Freundlichkeiten der Teams ihrer Wahl freuen können – nicht nur Insider erwarten eine Charmeoffensive der Liga. Schon eine Umfrage im Dezember ergab, dass die Sympathiewerte der NHL noch unter die Negativmarke gefallen sind, die der Mineralölkonzern BP mit der „Deepwater-Horizon“-Katastrophe aufgestellt hatte.

Ryan Miller, Torhüter von den Buffalo Sabres, der an den Verhandlungen beteiligt war, weiß um den Imageschaden: „Das Ganze war doch einfach nur peinlich, und es hat einen Teil unserer Anhänger vor den Kopf gestoßen.“ Entmutigend findet er die Ausgangslage für den nun verspäteten und verkürzten Kampf um den Stanley Cup nicht. „Wir hoffen, dass uns unsere Fans weiter so unterstützen, wie sie das jedes Jahr getan haben.“

Ein Blick zu den Basketball-Kollegen von der NBA kann da zuversichtlich stimmen – nach Beendigung des Lock-outs 2011 stiegen die Einschaltquoten teilweise um zehn Prozent.

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