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Kolumne American PieDas Prinzip des Abwartens

Kolumne
von Thomas Winkler

Auch im Umgang mit Adrian Peterson, der wegen Kindesmisshandlung angeklagt ist, blamiert sich die National Football League.

Adrian Peterson, der Runningback der Minnesota Vikings, hat seinen Sohn mit einer Rute geschlagen. Bild: reuters

B lutig geprügelte Kinder. Bewusstlos geschlagene Frauen. Todesdrohungen und Trainer, die ihre Augen verschließen. Funktionäre, die erst dann reagieren, wenn sie von der öffentlichen Empörung dazu gezwungen werden. Nein, die National Football League (NFL) macht gerade überhaupt keine gute Figur. Der umsatzstärkste Sportunterhaltungsbetrieb der Welt präsentiert sich gerade wie eine Seifenoper aus dem Gerichtsaal mit immer neuen Helden, die als Verbrecher entlarvt werden.

Neuester Fall ist Adrian Peterson. Der Runningback der Minnesota Vikings, einer der großen Stars der NFL, wird von einem Gericht in seinem Heimatstaat Texas angeklagt, seinen vier Jahre alten Sohn mit einer Rute verprügelt und ernsthaft verletzt zu haben. Peterson entschuldigte sich für die Verletzungen, die er seinem Sohn zugefügt hat, nur um sie als gängige Erziehungsmaßnahmen zu rechtfertigen.

„Ich bin kein perfekter Vater“, ließ der 29-Jährige, der vor zwei Jahren zum besten Spieler der NFL gekürt wurde, in einem Statement verlauten, „aber ich bin zweifellos kein Kindesmisshandler. Mein Ziel an diesem Tag war es, meinem Sohn den Unterschied zwischen richtig und falsch beizubringen.“ Der Anlass für die Züchtigung: Petersons Sohn hatte seinen Bruder geschubst.

Nun sind allerdings weitere Anschuldigungen aufgetaucht. Peterson soll bereits im vergangenen Sommer einen weiteren Sohn verletzt haben. Der hatte damals eine Narbe auf der Stirn davongetragen, als er gegen einen Autositz knallte, während er von seinem Vater geschlagen wurde. Die Ermittlungen führten aber zu keinem Ergebnis, behauptet Petersons Anwalt.

Zurück auf das Spielfeld

Trotz dieser Vorfälle soll Peterson demnächst wieder Football spielen. Die Vikings, die ihren Star zunächst für ein Spiel gesperrt hatten, planen nun, ihn am kommenden Sonntag in New Orleans wieder einzusetzen. Rick Spielman, der Manager des Klubs, rechtfertigte die überraschende Entscheidung damit, dass Peterson „es verdient habe zu spielen, bis das Verfahren abgeschlossen ist“.

Ähnlich argumentieren auch die San Francisco 49ers und verteidigten noch einmal ihren Entschluss, ihren Profi Ray MacDonald nicht zu sperren, obwohl der Ende August verhaftet worden war. Der Vorwurf: häusliche Gewalt gegen seine schwangere Verlobte. Jim Harbaugh, Trainer der 49ers, ließ wissen, dass man sich nicht von „öffentlichen Spekulationen“ dazu zwingen lassen werde, einen Spieler auf die Bank zu setzen: „Wir respektieren die Rechtsstaatlichkeit.“

Mitunter allerdings erst mit Verzögerung: Die Carolina Panthers strichen ihren Verteidiger Greg Hardy aus dem Kader, weil er im Juni verurteilt wurde, seine Freundin misshandelt, stranguliert und mit dem Tod bedroht zu haben. Im ersten Saisonspiel durfte Hardy aber dennoch mitmachen.

Verweis auf ordentliche Gerichte

Der Umgang der NFL mit den vielen Skandalen, die sie gerade erschüttern, scheint eine Strategie zu sein – der Verweis auf die ordentlichen Gerichte. Ausgerechnet im spektakulärsten Fall allerdings setzte sich die Football-Liga über dieses Prinzip hinweg.

NFL-Boss Roger Goodell suspendierte Ray Rice auf unbestimmte Zeit, als auf einem Überwachungsvideo zu sehen war, wie der prominente Runningback der Baltimore Ravens seine damalige Verlobte in einem Aufzug bewusstlos schlug. Wenige Wochen zuvor, als der Vorfall bekannt geworden war, hatte Goodell den Spieler nur für zwei Spiele gesperrt. Damals war allerdings auch das drastische Video noch nicht im Internet aufgetaucht.

Nun wächst die Kritik an Goodell, dem unterstellt wird, häusliche Gewalt wie ein Kavaliersdelikt zu behandeln und erst zu reagieren, wenn der Imageschaden durch drastische Videobilder zu groß zu werden droht. Das könnte den NFL-Commissioner nun auf die Füße fallen: Rice soll bereits Beschwerde gegen seine Sperre eingelegt haben. Da gegen ihn keine Anklage erhoben worden ist, weil das mittlerweile mit ihm verheiratete Opfer ihn nicht anzeigen wollte, könnte Rice sogar Erfolg haben.

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2 Kommentare

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  • Adrian Peterson hat seinem Sohn den Hintern verprügelt. Selbstverständlich ist das besonders heutzutage eine fragwürdige Erziehungsmethode, dennoch ist er der Vater und kann dies selbst entscheiden.

    Ich finde es zudem schade, dass die Taz dies als "blutig geschlagen" darstellt. Was die Behauptung angeht er hätte bereits letztes Jahr ein Kind geschlagen sei dahin gestellt. Es gibt eine Zeugin die sagt, es wäre nichts passiert. Es gab keine Anklage und auch in den USA gilt die Unschuldsvermutung. Einen Seler zu sperren, bevor kar ist, was gnau passiert ist halte ich für eine übertriebene Maßnahme.

    Zudem verwundert es mich, wie es jetzt an der NF Kritik gibt, dass sie Peterson nicht jetzt schon sperren, während der Van Der Vaart seine Frau schlagen konnte ohne im Sport auch nur ansatzweise dafür diszipliniert zu werden. Damals hagelte es keine solche Kritik von Ihnen. Er blieb einfach weiter fröhlich der Star des HSV.

  • Was ist wirklich bedenklich? Das einem Sportler zugejubelt wird, dem wegen Körperverletzungsdelikten eine Anklage droht? Wenn es zu einem Verfahren kommt, wird er die Quittung seines Verhaltens erhalten. Oder aber, dass sich ein Organ des Pressewesens, das immer einen Riesentamtam veranstaltet, wenn auch nur ein begrenzter Verdacht auf Verletzung der Grundrechte ruchbar wird, plötzlich ganz dreist die Unschuldsvermutung auf den Müll schmeißt und ganz offen eine versteckte Form der Selbstjustiz fordert. Das finde ich nicht nur schäbig, sondern im höchsten Maße bedenklich!

     

    Man darf im vorliegenden Fall auch nicht unterchätzen, dass es in den USA ein Gerichtsverfahren trail-by-jury gibt. Da dürfte ein vor dem Verfahren angewandter Maßnahmenkatalog durchaus als Beeinflussung der Jury bewertet werden, nach dem Motto: Wenn die NFL ihn sperrt, dann kann er ja gar nicht unschuldig sein.