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Kolumne Am GerätDas Cello

Leipzig hatte sich verändert für die Olympischen Spiele. Wolfgang Tiefensee spielte Cello und Usain Bolt wurde über die 100-Meter-Distanz geschlagen.

Die homogene schwarz-rot-goldenen Masse freute sich über den deutschen Medaillenregen im Leipziger Olympiastadion Bild: dpa

N och einmal spielte er in aller Öffentlichkeit Cello. Es war die Musikalität von Wolfgang Tiefensee, die die Welt für Leipzig eingenommen hatte. Jetzt am Ende der Schlussfeier schenkte er der Menge noch einmal ein paar Töne aus diesem wunderbaren Instrument. Es war vollbracht.

Leipzig hatte es geschafft und er, der Mann, den sie noch immer Bürgermeister nennen, obwohl er schon lange nicht mehr im Amt war, wurde im weiten Rund des Olympiastadions gefeiert. Er streichelte sein Instrument beim Kaiserquartett von Haydn, und Herbert Grönemeyer sang den Text der deutschen Hymne zum zweiten Satz. Es waren die besten Spiele, die Leipzig je gesehen hatte.

Leipzig hatte sich verändert für die Olympischen Spiele. Die Millionen Zuschauer, die mit der U-Bahn jeden Tag von Berlin in die Sachsenmetropole fuhren, vereinigten sich mit den Einheimischen zu einer homogenen schwarz-rot-goldenen Masse. Der Medaillenregen, der auf das deutsche Team niederging, tat ein Übriges, um die Stimmung hochzuhalten.

taz
Andreas Rüttenauer

berichtete während den Spielen live aus Leipzig.

Dass ein Deutscher Usain Bolt im 100-Meter-Finale hatte schlagen können, war die größte Sensation der Spiele. In der Welt staunte man. Jetzt können die Deutschen sogar laufen, wunderte man sich vor allem in Jamaika und in den USA.

Triumphparade mit Folklore

Die Schlussfeier, bei der Folkloregruppen aus der ganzen Republik unter der Regie von André Heller zeigen durften, wie bunt das Land ist, geriet zur Triumphparade für das deutsche Team. Das hatte – wie mit Olympiaminister Friedrich Jahre zuvor abgesprochen – sagenhafte 86 Medaillen geholt.

Über das chinesische Sportwunder sprach schon am dritten Tag des Leipziger Sportfestes niemand mehr. Sönke Wortmann, der das Team über 16 Tage begleitet hatte, will bald schon seine Dokumentation über Spiele in die Kinos bringen.

„Deutschland dufte“ wird er heißen und sicher auch Bilder der Schlussfeier enthalten, für die es den deutschen Sportlern erlaubt worden war, in ihren Polizei- und Bundeswehr-Uniformen ins Stadion zu marschieren – als Zeichen des Dankes für die Förderung, die sie von ihren Arbeitgebern erhielten, als Zeichen des Dankes auch an die Sicherheitskräfte, ohne deren entbehrungsreichen Einsatz die Spiele nicht hätten stattfinden können.

Ein paar Töne noch, und es war vollbracht. Die olympische Fahne wurde an Sotschi weitergereicht. Das Feuer in Leipzig erlosch. Tiefensee blickte noch einmal ganz tief in sich hinein. Was war es doch für eine verrückte Idee, Olympia nach Sachsen zu holen. Es war eine verdammt gute Idee.

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Andreas Rüttenauer
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4 Kommentare

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  • U
    ukulele

    @ Oranier

     

    Eine Olympiade bezeichnet den Zeitraum, der zwischen zwei olympsichen Spielen liegt.

  • I
    iwern

    @oranier

     

    "Jetzt können die Deutschen sogar laufen, wunderte man sich vor allem in Jamaika und den USA"? Sie hielten das wohl für korrektes Deutsch...

     

    Erzählen Sie uns Neandertalern mal was korrektes Deutsch ist. Fertigen Sie eine grammatische Analyse an und zeigen Sie die Fehler auf.

     

    Ich bitte darum.

  • G
    grünweißgelb

    so ähnlich wie im artikel wäre es wohl gewesen. umso mehr wir teutonen uns anstrengen, bunt und multi und ausgelassen zu sein, desto holziger werden körper und geist. und der schatten von 36 zieht sich. schöner artikel. bleibt zu sagen: leipzig ist "trotzdem" eine wunderbare stadt!

  • O
    oranier

    Ein toller Artikel, und so humorig und stimmig!

     

    Schrieben Journalisten vom Schlage Rüttenauers tatsächlich schon zur Zeit der Leipziger Olympiade solche hybriden Sätze, wie "Jetzt können die Deutschen sogar laufen, wunderte man sich vor allem in Jamaika und den USA"? Sie hielten das wohl für korrektes Deutsch, und Sprach- und Journalismuskritiker, wie Karl Kraus, die so etwas geißelten, waren da schon längst in Vergessenheit geraten.

     

    Im Gegensatz zu den fulminanten Spielen von 1936, den deutschesten aller Olympiaden. Die geisterten offenbar immer noch in den Fantasien von späteren deutschen Berichterstattern, die von einer "schwarz-rot-goldenen Masse" schwadronierten, zu welcher sich "Millionen Zuschauer" mit den Einheimischen vereinigten, Berichterstatter, die dergestalt halluzionierten, "wie bunt das Land" in den deutschen Nationalfarben ist.