Kolumne Afrika Afrika: WM-Finalist Deutschland
Die Mehrheit der Afrikaner scheint zwar Ghana mit dem Herzen zu unterstützen, der Kopf aber tippt auf Brasilien als Deutschlands Gegner. Mit der Prognose sind sie nicht allein.
D eutschland kommt ins Endspiel: Das ist die Erwartung afrikanischer Fans nach dem überzeugenden 4:1-Sieg über England am Sonntag. Die einzige offene Frage scheint noch zu sein, wer der Gegner sein wird: Ghana? Oder Brasilien?
"Die Engländer waren einfach nicht fokussiert und kamen nicht zur Ruhe", analysiert der Senegalese Stephen Gambe. "Aber wenn die Deutschen in Ballbesitz waren, zeigten sie Können und Koordination." Wie viele andere Fans weist er darauf hin, dass das Fehlen von Michael Ballack überhaupt keinen Unterschied machte.
Die Mehrheit der Afrikaner scheint zwar Ghana mit dem Herzen zu unterstützen, der Kopf aber tippt auf Brasilien als Deutschlands Gegner. "Brasilien und Deutschland scheinen sichere Kandidaten, um das Finale ohne Kopfschmerzen zu erreichen", sagt Michael Mawere. "Beide Teams sind stark, diszipliniert und torhungrig, und gleichzeitig stehen sie hinten gut. Zugegebenermaßen hauen die argentinischen Stürmer Tore rein wie Besessene, aber ich wette trotzdem auf Deutschland und Brasilien. Das einzige Problem wäre, wenn sie schon vorher aufeinandertreffen, im Viertelfinale oder Halbfinale." Das allerdings ist unmöglich.
Savious Kwinika ist ein Simbabwer in Südafrika.
Deutschland ist schon dreimal Weltmeister gewesen, Brasilien fünfmal. Mit ihrer Prognose eines Zusammentreffens zwischen diesen beiden im Endspiel unterscheiden sich die afrikanischen Fans nicht von den anderen WM-Touristen aus Paraguay, Irland, England oder den USA.
Der Kameruner Penn Tangu rechnet sogar mit Deutschland als Weltmeister. "Die Deutschen haben langsam angefangen, aber jetzt haben sie sich aufgewärmt. Ich bin mir sicher, dass sie vor Brasilien mit dem Pokal davonziehen werden. Obwohl: Argentinien könnte noch eine Überraschung darstellen." Argentinien trifft auf Deutschland im Viertelfinale am kommenden Freitag.
Für Ramsy Ahmed Abdullah aus Algerien wird Brasilien Weltmeister. "Sie sind einfach zu gut", sagt er. "Aber die Deutschen sind wie ein großer Motor, der langsam warmläuft. Deutschland beginnt, Anzeichen von Tiefe, Zusammenhalt, Disziplin und Siegeshunger zu zeigen. Es wird ein spannendes Endspiel."
Der Nigerianer Imeka Ukwa will in diese Deutschland-Lobeshymnen nicht einstimmen. Er ist sich sicher, dass Ghana bis ins Finale durchkommt und dann dort auf Deutschland trifft - Argentinien und Brasilien wären dann draußen. "Dies ist die WM, und dieses Jahr ist sie voller Überraschungen", begründet er seine Prognose. "Die traditionellen schweren Geschütze werden von den angeblich kleineren oder schwächeren Nationen reihenweise hinausgeworfen. Alles ist möglich. Aber ich tippe auf Ghana gegen Deutschland."
Seine eigenen Nigerianer, fügt Ukwa hinzu, haben ihn enttäuscht. Die Super Eagles hätten weder Strategie noch Disziplin, Geduld oder Motivation an den Tag gelegt. Die einzige Frau, die sich für die WM interessiert, Hazel Mahlati, glaubt auch nicht an die Deutschen. Ihre Vorhersage: Brasilien oder Argentinien.
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