Kolumne Älter werden: Der Hollandschock
Wegen des großen Erfolgs: Keine Toleranz für die Tolleranten (Vol. V) .
L iebe Altersgenossinnen und -genossen der Generation 50 plus (undogmatisch) links. Ihre Lieblingskolumne richtet sich heute - und da muss ich Sie vorwarnen - auch an all die lernresistenten Volksgenossinnen und -genossen, die sich in Internetforen und auch in Briefen an diese wunderbare usw. Zeitung, deren gedruckte Ausgabe täglich von 330.000 Menschen gelesen wird - und deren Homepage monatlich eine Million User anklicken -, darüber geärgert haben, dass ich in meiner letzten Kolumne Die Gnade der späten Geburt zwar den Islam und seine Überempfindlichkeit gegen Kritik aus dem Westen zu Recht verbal gegeißelt, aber kurz davor noch den Minarettbau an einer Moschee im Saarland befürwortet hätte und man mir linkem Vogel deshalb nicht so recht über den Weg trauen könne.
Uff! Da bin ich aber froh. Man stelle sich nur einmal vor, ich wäre auf meine schon etwas älteren Tage nicht nur für die Tolleranten von ganz ganz links, sondern auch noch für diese islamophoben rechten Kordeldeppen zum Sarrazin light vom linken Boulevard avanciert. Igitt! Die armen Tolleranten allerdings stehen aktuell ja sowieso alle noch unter Hollandschock, weil sie gar nicht begreifen können (wollen), warum in ihrem bislang herzallerliebsten (Einwanderungs-)Musterland plötzlich die Rechtspopulisten reüssieren und jetzt ausgerechnet ihr Hassobjekt Deutschland von liberalen holländischen Intellektuellen für seine Integrationspolitik gelobt wird - so wie seit dem Sommer schon für seine holländisch aufspielende multiethnische Fußballnationalelf (während Oranje historischen deutschen Rumpelfußball [fast] nur mit Weißen praktiziert).
Warum aber befürworte gerade ich als streng gläubiger Atheist den Bau von Moscheen, zu denen Minarette gehören wie die Türme für den heiligen Bimbam (klerikaler Lärmterror) zu den christlichen Kirchen? Weil viele Muslime hier - vor allem junge Frauen - inzwischen mit großem Eifer und Ernst dabei sind, sich in diese multiethnische und multireligiöse, aber im Kern doch säkulare Gesellschaft hinein zu integrieren oder längst schon Platz darin gefunden haben.
K.-P. Klingelschmitt, 1970.
Sie alle verdienen allen Respekt und jede Unterstützung. Doch der sich - langsam - etablierende europäische Islam müsste sich endlich auch einmal organisieren und dann laut zu (Wider-)Wort melden, wenn Glaubensbrüder hier und insbesondere dort (Naher Osten, Afrika) Hass predigen und etwa zum Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen oder sonst was tödlich Irrem aufrufen. Das würde auch der leidigen Islamdebatte hier einiges von ihrer Schärfe nehmen. Ganz bestimmt!
Übrigens: Das Grundgesetz als Grundlage für das gedeihliche Zusammenleben aller Menschen in Deutschland - eingelegt in die Charta der Menschenrechte und dick eingebunden in die Europäische Verfassung - sollte man den Hetzern aller Lager täglich so lange um die Ohren hauen, bis die rot sind. Das wäre dann auch - und wir von My Generation wissen das längst - vernünftig gelebte Toleranz jenseits kritikloser Akzeptanz (Tolleranz). Also los: Jeder von uns schnappt sich einen, und dann feste druff.
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