: Kolumbien bietet Drogenboß Deal an
■ Staatspräsident Virgilio Barco: „Keine Auslieferung an die USA“ / Ein „fairer Prozeß“ für Pablo Escobar angeboten
Bogota/Straßburg (ap/dpa) - Der kolumbianische Präsident Virgilio Barco hat sich zu einem Kuhhandel mit Pablo Escobar, dem Boß des Drogenkartells von Medellin, bereit erklärt. Barco teilte mit, Escobar werde „nicht an die USA ausgeliefert“, falls er sich der kolumbianischen Justiz stelle. Der Kartellchef, dem mehrere Morde zur Last gelegt werden, könne in Kolumbien mit einem „fairen Prozeß“ rechnen, sagte Barco am Mittwoch im Rundfunk.
Nur kurz nach der Rundfunkmitteilung des Präsidenten meldete sich auch die Rauschgiftmafia mit einem Schreiben zu Wort. Darin forderte sie ultimativ die Freilassung dreier Verhafteter und drohte mit der Ermordung des entführten Senators Federico Estrada und einem verheerenden Bombenanschlag in Bogota. Die Rede war dabei von einer Fünftonnenbombe. Das Kommunique war von der Gruppe „Los Extraditables“, d.h.: die Auszuliefernden, unterzeichnet. Diese Gruppe gilt als der bewaffnete Arm des Medellin -Kartells, das nach Schätzungen jährlich etwa 25 Milliarden US-Dollar umsetzen soll. Bereits am vergangenen Samstag hatte die Drogenmafia erklärt, sie würde ihren im vergangenen Januar unterbrochenen „Krieg“ gegen die Regierung wieder aufnehmen. In Medellin wurde in der Nacht auf Donnerstag der zwölfte Polizist in drei Tagen umgebracht, nachdem das Kartell Kopfprämien ausgesetzt hatte. Vergangenes Jahr waren bei Sprengstoffanschlägen auf das Hauptquartier der Sicherheitspolizei in Bogota 63 Menschen und auf ein Verkehrsflugzeug 106 Menschen getötet worden. Kolumbien hat bislang 15 mutmaßliche Mitglieder der Drogenmafia an die Vereinigten Staaten ausgeliefert, das letzte vergangene Woche. Nach Presseberichten stehen weitere Auslieferungen unmittelbar bevor. Präsident Escobar hatte am Mittwoch vor dem Europaparlament in Straßburg internationale Solidarität bei Bekämpfung der Drogenkriminalität gefordert und um Importerleichterungen für kolumbianische Waren ersucht. Zugleich dankte er der EG für ihre bislang geleistete Unterstützung.
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