piwik no script img

„Kolossaler Druck“

■ Sucht am Arbeitsplatz: Alle sind dagegen, nicht nur aus volkswirtschaftlichen Gründen

Der „volkswirtschaftliche Verlust“ durch Sucht am Arbeitsplatz sei beträchtlich, wichtig sei aber auch die menschliche Seite dieses Problems, belehrte Bürgermeister Henning Voscherau die Besucher einer Fachtagung zum Auftakt einer „Aktionswoche Suchtprävention am Arbeitplatz“.

Während einer Podiumsdiskussion, die acht Stunden, fünf Fachreferate und fünf Workshops später die Tagung ausklingen ließ, kamen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem ganz ähnlichen Ergebnis. Die Initiative „WIR! Handeln, bevor Sucht entsteht“ hatte als Veranstalterin ihren Podiumsgästen die Frage gestellt, ob Suchtprävention in diesen harten wirtschaftlichen Zeiten überflüssig sei oder notwendiger denn je.

„Gerade in Zeiten von ,lean production– muß der Mitarbeiter im Mittelpunkt stehen“, meinte Günter Drawert, Personalleiter der Hamburger Aluminiumwerke. Suchtprävention und die entsprechenden Kosten müßten Unternehmen als Investitionen begreifen. Denn auch ein (sucht-)kranker Mitarbeiter verursache Kosten.

Die derzeitige Arbeitssituation treibe Menschen jedoch geradezu in die Sucht, sagte Hans-Otto Schurwanz, Vorstandsmitglied der Betriebskrankenkassen Nord. Der „kolossale“ Leistungsdruck müsse abgebaut werden; andere Bewältigungsmöglichkeiten als Alkohol oder Medikamente müßten aufgezeigt werden. Gesundheitsförderung sei aber die Sache von „allen“ und könne nur „vernetzt“ erfolgreich sein.

Die Gewerkschaften seien nicht gerade Vorreiter in der Suchtarbeit, bekannte der Hamburger DGB-Vorsitzende Erhard Pumm. Aber selbstverständlich unterstütze auch er den Vorschlag, sich vom Bild des Mitarbeiters als „Hochleistungsmenschen“ zu verabschieden. Viele machten unbezahlte Überstunden, um nicht als leistungsschwach zu gelten.

Als besonders aussichtsreiches Betätigungsfeld der betrieblichen Suchtprävention bestimmten die Podiumsgäste einmütig die Auszubildenden. Hans-Peter Schriever, Suchtberater der Shell AG, wußte aus eigener Erfahrung: „Die sind richtig heiß auf das Thema.“ win

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen