IM PRINZENBAD : Kollektivbestrafung
Die Männer mit den knallroten T-Shirts, auf denen „Sicherheit“ steht, sind die einzigen, die im Schwimmbeckenbereich des Prinzenbads mit Turnschuhen herumlaufen dürfen. Um dieses Privileg werden sie von vielen beneidet, die aufpassen müssen, nicht erwischt zu werden. Ich weiß nicht, ob die Sicherheit sich viel um die Sicherheit kümmert. Meistens lümmelt sie im Eingangsbereich rum und wünscht „einen schönen Tag noch“.
Das muss ich mir schon ständig im Supermarkt anhören, jetzt auch noch hier. Ein kleiner Junge zerschmettert eine Flasche neben dem Babybecken. Es dauert ein wenig, bis ein knallroter Sicherheitsmensch auftaucht. Der sagt dann seinen Kollegen Bescheid, die wiederum ins Walkie-Talkie sprechen, woraufhin ein Bademeister kommt, die Lage inspiziert, um dann einen Besen mit Schaufel zu holen. Nachdem die Scherben weggekehrt sind, wird das Babybecken geschlossen. Plötzlich kommt Hektik bei der knallroten Sicherheit auf. Sie bewegen sich eilig auf die Liegewiese zu. Kurz darauf kommt die Durchsage: „Aufgrund unschöner Vorkommnisse wird das Schwimmbad geschlossen. Bitte verlassen Sie die Schwimmbecken und räumen Sie die Wiese.“ Kurze Zeit später kommt die gleiche Durchsage noch einmal, nur statt „unschöner Vorkommnisse“ sagt der Bademeister, „ich weiß auch nicht, was ich dazu sagen soll“. Bei der dritten Durchsage handelt es sich um „polizeiliche Maßnahmen“.
Schlägerei. Kaum jemand hat etwas mitbekommen. Der Täter ist geflüchtet, „aber wir ham ene jenaue Personenbeschreibung, wa“, sagt eine knallrote Sicherheit. Ein paar Leute mosern, aber die meisten nehmen die Kollektivbestrafung wortlos hin. Wahrscheinlich will die knallrote Sicherheit früher Feierabend machen. Kriegen ja nicht viel. Am Ausgang wünscht mir einer „einen schönen Abend noch“.
KLAUS BITTERMANN