: Kokosnüsse knacken
Die einen kommen gleich zum Geschäft, andere werden erst persönlich: Das Projekt „Interkulturelle Kommunikation“ an der Uni klärt erfolgreich über fremde Rituale auf. Jetzt wackelt seine Existenz
von Anke Timmann
Manche Kulturen sind wie Kokosnüsse, außen hart und innen weich“, zitiert Linda Weidner. Die Formel hat die 22-Jährige im interkulturellen Training an der Universität gelernt. „Auch für die Deutschen gilt“, so die Studentin, „hat man erst mal ihre Schale geknackt, sind sie sehr weich.“
Vielleicht ist das Kokosnuss-Modell eine Erklärung für die Ergebnisse der Studie „Zur Attraktivität deutscher Hochschulen für ausländische Studenten“. In der vom Bundesbildungsministerium bereits 1997 initiierten Umfrage beklagen ausländische Studierende fehlenden Kontakt zu ihren deutschen Kommilitonen. Um Abhilfe zu schaffen, riefen Hamburger Hochschulen damals das gemeinsame Projekt „Interkulturelle Kommunikation“ ins Leben.
„Ziel ist dabei, ausländischen Studenten bei der Eingewöhnung in die deutsche Hochschul-Kultur zu helfen“, sagt Mitbegründerin Susanne Amon von der Uni-Abteilung Internationales. Obwohl das Training boomt – auf die 90 Plätze pro Semester bewerben sich 200 Leute – steht jetzt seine Existenz in Frage. Denn nächstes Jahr läuft die bisherige Förderung durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) aus.
Dabei hilft das Training nicht nur ausländischen Studierenden, hiesige Konventionen zu verstehen und zugleich persönliche Kontakte zu knüpfen. Auch für deutsche Studierende ist es eine nützliche Auslandsvorbereitung. Das zweitägige Training ist kostenlos und findet viermal pro Semester statt. Auf dem Programm steht ein Mix aus Theorie und Praxis: die Analyse kulturbedingter Rituale und Konventionen wird ebenso angegangen wie die Themen Intergration und Vorurteile. Ein interkulturelles Rollenspiel soll die Theorie individuell erfahrbar machen.
Serap (31), türkischer Herkunft und in Deutschland aufgewachsen, ist begeistert vom interkulturellen Rollenspiel „Bafá Bafá“. Dabei konnte sie beobachten, wie Kommilitonen beim gespielten Geschäftstreffen ohne Umschweife zur Sache kamen und damit andere vor den Kopf stießen. „Ich dachte immer, ich sei vorurteilsfrei, weil ich in zwei Kulturen aufgewachsen bin“, sagt Serap. Aber das Spiel habe ihr offenbart, dass auch sie Schablonen im Kopf habe.
Das Training bietet zwar am Schluss ein Zertifikat, aber keine Patentlösung zum Verständnis fremder Kulturen. Stattdessen verweist es auf Toleranz und Offenheit gegenüber Fremden. „Ab jetzt versuche ich noch stärker, Verständnis für andere aufzubringen, auch wenn ich manchmal genervt bin“, meint Naida Mehmedbegovic (27) aus Bosnien, die einen der begehrten Seminarplätze ergattert hat. „Anfangs haben wir richtig gebaggert, um Leute zusammen zu kriegen“, erinnert sich Reinhold Billstein vom Akademischen Auslandsamt der Hochschule für Angewandte Wissenschaften. „Inzwischen läuft es wie in einer Profibude.“
Mit Bangen sehen Amon und Billstein indes dem kommenden Jahr entgegen, wenn das Förderprogramm des DAAD endet. Ob dann wohl der Vorschlag eines ausländischen Teilnehmers – „Einfach mal ein freundliches Gesicht machen“ – weiterhilft?
Weitere Infos und Termine für das Sommersemester unter www.rrz.uni-hamburg.de/HOPIKOS