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"Kohlendioxid-freie" KraftwerkeNorwegen verbuddelt vorerst kein CO2

Pläne, CO2-Gase unter die Erde zu pumpen, erleben ein Fiasko: Ein norwegisches Pilotprojekt wird gestoppt, ein anderes verschoben. Der Grund: Das Verfahren ist zu teuer.

Treibhausgase einfach in einen Sack packen und auf den Müll werfen? So einfach ist das leider nicht. Bild: dpa

STOCKHOLM taz Pläne für den Bau von vermeintlich "Kohlendioxid-freien" Kraftwerken haben einen schweren Rückschlag erlitten. In Norwegen werden nun zwei Pilotprojekte erst einmal nicht verwirklicht. Die Ölkonzerne Statoil-Hydro und Shell wollten mit den Projekten demonstrieren, wie das beim Betrieb von Gaskraftwerken freigesetzte Kohlendioxid (CO2) abgeschieden und unterirdisch "gelagert" werden sollte.

Dazu wurde der Bau eines Gaskraftwerkes zur Stromgewinnung auf einer Halbinsel in der Nähe von Trondheim geplant. CO2, das bei der Gasverbrennung entsteht, sollte dort in leere Ölfelder unter dem Meer gepumpt werden. Dieser Plan wurde nun ganz aufgegeben. Begründung: Es sei unmöglich, ein solches Kraftwerk mit der teueren Reinigungs- und Lagertechnik wirtschaftlich zu betreiben.

Fast zeitgleich vertagte die Regierung in Oslo ein ähnliches Kraftwärmewerk in Mongstad bei Bergen, wo ab 2010 der bislang weltweit größte Versuch der unterirdischen Lagerung von CO2 beginnen sollte. Der wird jetzt zumindest auf die lange Bank geschoben, denn auch hier werde die Umsetzung zu teuer, gab das Energieministerium bekannt: Die geschätzten Kosten belaufen sich mittlerweile auf das Zweieinhalbfache der ursprünglichen Planungen.

Zwar wolle man in Mongstad den Teil der Anlage, mit der das Kohlendioxid aus dem Rauchgas abgeschieden werde, bauen und in Betrieb nehmen. Der Aufwand bleibt jedoch jahrelang wirkungslos, denn das mühsam abgetrennte CO2 werde mindestens während der ersten vier Betriebsjahre in die Atmosphäre geblasen. Jährlich werden das hunderttausende Tonnen Kohlendioxid sein. Offiziell begründet die norwegische Regierung die Planänderung damit, dass die erforderliche Rohrleitung nicht rechtzeitig zu Betriebsbeginn des Kraftwerks fertiggestellt werden könne, da es auf dem Markt für solche Rohre Lieferengpässe gebe. Als Ausgleich verspricht die Regierung allerdings den Kauf entsprechender Klimazertifikate.

Vor einem Jahr klangen die norwegischen Pläne zur CO2-Einlagerung noch sehr viel ambitionierter: In seiner Neujahrsansprache hatte Ministerpräsident Jens Stoltenberg, Chef einer rot-grünen Koalition, die Pläne zur CO2-Deponierung großspurig als norwegisches "Mondlandungsprojekt" präsentiert.

Norwegische Umweltschützer befürchten, dass es bei der Verschiebung womöglich auf Dauer bleiben werde. Anders als in Deutschland haben sich in Norwegen auch schwergewichtige Umweltschutzorganistionen hinter die Pläne zur CO2-Deponierung gestellt. Der Vorsitzende der "Bellona"-Umweltschutzvereinigung Frederic Hauge hat das Umschwenken der Regierung auch als "unhaltbar" kritisiert: "Eine Deponie von erster Minute an war eine Voraussetzung von uns, das Projekt zu unterstützen." Hauge befürchtet nicht nur den Beginn immer weiterer Verzögerungen, sondern auch, dass im Fall eines Regierungswechsels die Deponiepläne endgültig gekippt werden. Lars Haltbrekken, Vorsitzender des Naturschutzverbands, hat gleiche Befürchtungen: "Am Schluss kommt dann heraus, dass die Technik nie realisiert wird." Allerdings ist die Speicherung von CO2 unter der Erde auch unter Umweltschützern sehr umstritten. Greenpeace kritisiert die Technik als Irrweg, dessen Folgen nicht überschaubar sind. "Es ist absoluter Wahnsinn, hunderte Millionen Tonnen Treibhausgase unter die Erde zu pumpen - die Menge lässt sich nicht überwachen", sagte die Greenpeace-Expertin Gabriela von Goerne der taz. Bislang gebe es auch keine gesicherten Erkenntnisse, was durch die CO2-Lagerung unter der Erde wirklich passiere.

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1 Kommentar

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  • BW
    bernhard wagner

    Die Einwände gegen diese Pumpexperimente, von Greenpeace etc. geäußert, finde ich überzeugend. Außerdem könnten die riesigen Kosten besser für einen schnelleren Ausstieg aus fossiler & atomarer Energieerzeugung investiert werden - in der Nordsee z.B. auch für Strömungskraftwerke unter Wasser, die allerdings so konstruiert werden sollten, dass Fische und Meeressäugetiere möglichst nicht verletzt/getötet werden, auch wenn solche Maßnahmen (z. B. engmaschige Schutznetze) eine etwas geringere Energieausbeute bewirken sollten; es wäre trotzdem eine Menge im mehrstelligen Terawattbereich möglich.