Kohlekraftwerk Moorburg: Einigung vor der Weltbank
Vattenfall und Deutschland legen Streit um Investitionsschutz für Kohlekraftwerk bei. Der Konzern stellt sich auf die wasserrechtlichen Vorgaben ein.
Das Schiedsgerichtsverfahren bei der Weltbank wegen des Kohlekraftwerks Moorburg wird eingestellt. Wie der Energieversorger Vattenfall als Kläger und die Bundesrepublik als Beklagte mitteilten, wollen sie sich außergerichtlich einigen. Man habe sich auf ein Verfahren "für die von den Parteien angestrebte einvernehmliche Streitbeilegung" geeinigt.
Vattenfall hatte am 17. April 2009 das Internationale Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) bei der Weltbank angerufen und eine faire Behandlung seines Kraftwerksprojekts in Moorburg verlangt. Der Konzern berief sich dabei auf eine internationale Energiecharta, die von Deutschland ratifiziert wurde und ausländische Investitionen schützt.
Nach Ansicht der Umweltorganisationen Weed und Greenpeace bedroht die Klage die künftige Umwelt- und Klimapolitik Deutschlands. Sollte die ökonomisch ausgerichtete Schiedsstelle dem Energiekonzern Schadenersatz zusprechen, schrecke das Staaten davon ab, strenge Umweltauflagen zu erlassen. Bei einer möglichen Entschädigungssumme von 600 Millionen Euro drohe ein "Dammbruch".
Das Steinkohlekraftwerk Moorburg soll eines der größten der Republik werden.
Leistung: 1.650 Megawatt Strom aus zwei Blöcken, 650 Megawatt Fernwärme.
Emission: Acht bis neun Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Vattenfall wirbt damit, dass das Kraftwerk mit seinem Wirkungsgrad von 46,5 Prozent sehr effizient sei.
Kühlung: Durchlaufendes Elbwasser, für heiße Tage ein "Hybridkühlturm", der niedrig ist und kaum Dampf abgibt. Dieser würde den Wirkungsgrad um 1,5 Prozentpunkte verringern.
Vattenfall und Deutschland - also eigentlich Hamburg als genehmigendes Bundesland - verhandeln schon länger über einen Vergleich. Das Verfahren vor dem Schiedsgericht ruht seit dem 15. März. Bis zum 15. September haben die Konfliktparteien Zeit sich zu einigen.
Jetzt sei ein "Durchbruch erzielt" worden, bestätigt Vattenfall-Pressechef Ivo Banek. Zum Inhalt der Einigung dürfe er allerdings nichts sagen. Wann das Schiedsgerichtsverfahren beendet werde, stehe noch nicht fest. Banek rechnet damit, dass es innerhalb der nächsten Monate soweit sein wird.
Vattenfall hatte dem Senat vorgeworfen, dass es die Genehmigungen für das Kraftwerk mehrfach verschoben hat. Als die wasserrechtliche Genehmigung schließlich erteilt wurde, habe die Umweltbehörde Forderungen gestellt, die vorher nicht erwähnt worden seien. Der Umweltverband BUND hielt dagegen und präsentierte Dokumente, aus denen hervorgeht, dass Vattenfall über die Auflagen so überrascht nicht gewesen sein kann.
Nach dem Ende des Schiedsgerichtsverfahrens bei der Weltbank wäre zwischen Vattenfall und Hamburg nur noch der Streit über die wasserrechtliche Genehmigung für das Kohlekraftwerk offen. Er ist zurzeit vor dem Oberverwaltungsgericht anhängig und dreht sich um Auflagen für die Kühlwasserentnahme: Wenn die Wassertemperatur hoch und der Sauerstoffgehalt niedrig ist, darf das Kraftwerk fast kein Kühlwasser mehr abzapfen. So soll das Ökosystem geschützt werden.
Das könnte dazu führen, dass das Kraftwerk an gut 100 Tagen im Jahr abgeschaltet werden müsste. Der Energiekonzern will deshalb einen Kühlturm bauen, der nur einen Bruchteil des Wassers benötigen würde. Die Frist für Einwände dagegen ist am Mittwoch abgelaufen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert