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Kohl rüffelt Süssmuth wegen §218

■ FDP- und CDU-Mitglieder stellen sich vor die Bundestagspräsidentin/ Waigel hatte Rücktritt verlangt

Bonn (dpa) — Kanzler Kohl (CDU) hofft trotz des zugespitzten Streits in der Union über ein neues Abtreibungsrecht auf eine Bundestagsmehrheit für den Entwurf der CDU/ CSU-Fraktion. Indirekt ermahnte der Kanzler deshalb auch Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, die gemeinsam mit anderen CDU-Abgeordneten von dem Antrag der Fraktionsmehrheit abgeschwenkt war. Kohl betonte, er respektiere die Gewissensfreiheit, die „auch für das Fraktionsmitglied Rita Süssmuth“ gelte. Wer aber Mitglied des CDU- Präsidiums sei, müsse „bei jedem Schritt seiner besonderen Verantwortung und Solidariät gegenüber der Gesamtpartei nachkommen“.

Führende Politiker von CDU und FDP haben Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth in der Abtreibungsfrage gegen die Kritik von CSU-Chef Theo Waigel in Schutz genommen. CDU-Generalsekretär Peter Hintze warf der Schwesterpartei am Montag vor, mit solchen Angriffen auf Repräsentanten der CDU von internen Problemen ablenken zu wollen. Gewissensfreiheit gelte für jedes Mitglied des Parlaments, auch für die Präsidentin. Als „ungeheuerlich“ wies die FDP die Vorwürfe der CSU zurück. Parteichef Waigel hatte am Wochenende Süssmuths Kompromißbereitschaft bei der Neuregelung des Paragraphen 218 als „Zumutung für CDU und CSU“ bezeichnet und ihr den Rücktritt nahegelegt.

Drei von vier Bundesbürgern sind nach einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für straffreie Abtreibungen in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft. Für eine solche Fristenlösung hätten sich 73 Prozent von 2.200 Befragten ausgesprochen, berichtete der Leiter der Forschungsgruppe, Dieter Roth, am Montag. 40 Prozent wollen dabei eine Beratung vorschreiben, 33 Prozent keinerlei Bedingungen für die betroffene Frau.

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