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Kohl: Deutsche Einheit noch 1990

■ Kanzler erwartet gesamtdeutsche Wahlen jetzt am 2. Dezember / De Maiziere beim Kleinen Parteitag der West-CDU in Bonn / Beratungen von CDU, SPD und FDP zur Vereinigung der Parteien

Bonn (dpa/afp/ap) - Bundeskanzler Kohl erwartet jetzt, daß am 2. Dezember gesamtdeutsche Wahlen stattfinden. Im ZDF sagte der Bundeskanzler gestern abend, er habe aufgrund seiner Gespräche in Berlin „den festen Eindruck gewonnen, daß dort der Wunsch besteht, gemeinsam mit der Bundesrepublik, das heißt mit dem Bundestag zu wählen“. Damit seien die Termine vorgegeben. „Ein Dezember-Termin rückt in die Nähe des sehr, sehr Wahrscheinlichen“, so der Kanzler.

Auf dem Kleinen Parteitag in Bonn sprach Kohl sich für die Anerkennung der polnischen Westgrenze aus. In einer deutschlandpolitischen Resolution, die von den Delegierten verabschiedet wurde, spricht sich die Partei für eine deutsche Nato-Mitgliedschaft aus. An dem Parteitag nahm auch das gesamte Präsidium der DDR-CDU unter Leitung von Minsterpräsident Lothar de Maiziere teil.

Vor einer Vereinigung der beiden Parteien, die auf dem Parteitag in Hamburg Anfang Oktober offiziell beschlossen werden soll, müßen laut de Maiziere Fragen der Parteistruktur und der Satzung ebenso wie Vermögensfragen geregelt werden. Ebenso wie Kohl kündigte de Maiziere ein gemeinsames Programm für die ersten gesamtdeutschen Wahlen an, appellierte dabei aber an die Schwesterpartei, dies müsse ein Wahlprogramm sein, in dem sich auch die Menschen in der DDR wiederfinden könnten.

Auch SPD und FDP demnächst vereint

Die Sozialdemokraten wollen am 25. September in Ost-Berlin ihre Vereinigung beschließen. Die satzungsmäßigen Voraussetzungen für den raschen Zusammenschluß beschloß am Montag das SPD-Präsidium in Bonn.

Wie Bundesgeschäftsführerin Anke Fuchs mitteilte, soll die Neuwahl der Führungsspitze erst auf dem ordentlichen Parteitag im Frühjahr 1991 neu gewählt werden. Bis dahin sollen die DDR-Sozialdemokraten durch Zuwahl in der Führung vertreten sein. Sie sollen einen stellvertretenden Parteivorsitzenden stellen. Außerdem soll die Zahl der rund 40 Vorstandsposten um acht erhöht werden. Auf dem Vereinigungsparteitag soll die DDR-SPD rund 100 Delegierte stellen.

Falls der Vorstand der SPD diesen Empfehlungen des Präsidiums in der kommenden Woche zustimmt, würde Hans -Jochen Vogel auf jeden Fall bis zum nächsten ordentlichen Parteitag Vorsitzender bleiben und würde damit erster gesamtdeutscher SPD-Chef nach dem Krieg.

Die Liberalen wollen ihren Vereinigungsparteitag von Ende September auf den 25. und 26. August vorverlegen. FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff begründete diese Absicht gestern mit dem Hinweis auf die für den 23. September in Aussicht genommenen Landtagswahlen in der DDR.

Der FDP-Chef bezeichnete die Vergangenheit der früheren Blockpartei LDPD als eine „schwierige Frage“, die ein „Stein des Anstoßes“ bleiben werde. In der FDP-Vorstandssitzung wurde einstimmig der Präsidiumsvorschlag gebilligt, bei gesamtdeutschen Wahlen die für die BRD geltende Fünf-Prozent -Klausel auf die DDR auszudehnen.

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