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Körperliche Präsenz Gewalt

■ betr.: "Grapo-Freunde geräumt", taz vom 9.6.90

betr.: „Grapo-Freunde geräumt“, taz vom 9.6.90

Als Beteiligter möchte ich zu dem Artikel einiges klarstellen: Ich bin weder Spanier noch Student, sondern 51 Jahre alt mit einem Westberliner Personalausweis ausgestattet. Auch sonst kam keineR der TeilnehmerInnen aus Spanien.

Auch meinem größten Feind will ich nicht angetan haben, was da die spanische Regierung mit ihren politischen Gefangenen macht. Die Gefangenen erklärten, sie wollen, wie sechs Jahre bereits praktiziert, zusammen leben, studieren und arbeiten und so „in Würde leben“. Das will ich allerdings auch, nicht bloß für sie, sondern auch für mich und jeden Menschen. (...)

Da ich weiß, daß die menschenverachtende Isolationspolitik ein bundesdeutscher Exportartikel ist, will ich mich da einmischen, und da ist eben die Botschaft die Nahtstelle, wo wir am richtigen Ort waren. Die „Gewalt“ (wie in einigen Zeitungen, nicht in der taz, behauptet), war unsere bloße körperliche Präsenz, die einige Mitglieder der Botschaft heftig störte, sonst nichts. „Verhandelt“ hat der Botschafter des Königreiches Spanien mit uns keineswegs, sondern er hat uns über die Polizei das Ultimatum gestellt: Entweder raus aus der Botschaft (und dann eventuell mit ihm reden) oder Räumung durch die Polizei. Zu Gesicht bekommen haben wir ihn zum ersten Mal von Ferne, als wir im Gefangenentransporter saßen.

Durch die totale Nachrichten- und Kontaktsperre, wie sie in der BRD 1977, in Spanien aber jetzt praktiziert wird, werden Gefangene, ihre Gedanken und Visionen von Staats wegen für nicht existent erklärt. Von der Vernichtung der öffentlichen Wahrnehmung zur physischen Vernichtung der Gefangenen ist aber nur ein kleiner Schritt. Um dem durch eine Pressekonferenz entgegenzuwirken, waren wir in der spanischen Botschaft.

H. Heim, West-Berlin

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