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Köpfe sollen rollen

Nach der neuen Gehälteraffäre sucht selbst Sachsen-Anhalts Regierung nach möglichem Bauernopfer  ■ Von Eberhard Löblich

Magdeburg (taz) – Der Magdeburger Sumpf ist tief. Nicht nur für den ehemaligen Regierungschef Werner Münch und einen Teil seiner Minister, sondern auch für die 14 Staatssekretäre scheint die Landeskasse in erster Linie ein Selbstbedienungsladen gewesen zu sein. Frei nach dem Motto „Legal – Illegal – Scheißegal“ sorgte Finanzstaatssekretär Eberhard Schmiege für die eigene Versorgung und die seiner Kollegen in den anderen Ministerien.

Die Opposition im Magdeburger Landtag fordert nicht nur erneut sofortige Neuwahlen zur Trockenlegung des Magdeburger Sumpfes, sondern auch Köpfe. „Da haben sich Minister und Staatssekretäre offenbar gegenseitig in die Tasche gewirtschaftet“, kritisiert SPD-Oppositionschef Reinhard Höppner und verlangt personelle Konsequenzen. Für beide Gehälteraffären tragen nach Höppners Ansicht der frühere Finanz- und heutige Sozialminister Wolfgang Böhmer und der Staatssekretär im Finanzministerium Schmiege die Verantwortung. „Es ist ein Unding, daß die beiden in der neuen Landesregierung wieder in Amt und Würden sind“, poltert der SPD-Mann.

Der Landesparteirat der Sozialdemokraten hat die eigene Landtagsfraktion aufgefordert, „unverzüglich eine Sondersitzung des Landtages zur Gehälteraffäre zu beantragen“. Und nach dem warmen Regen für die Regierungsmitglieder will die SPD jetzt auch einen weiteren Parlamentarischen Untersuchungsausschuß beantragen.

Statt der erhofften besinnlichen Weihnachtspause also hektische Betriebsamkeit in der Landespolitik. Eine Änderung des Landesbesoldungsgesetzes habe ohnehin auf dem Arbeitsplan der Landesregierung von Ministerpräsident Christoph Bergner gestanden, sagt Eberhard Schmiege. „Die geplante Streichung dieser umstrittenen Zulage braucht in den Referentenentwurf nur noch eingearbeitet werden.“ Mit einem Rückzieher des Landes gegenüber der Rechtsauffassung des Bundes habe das Ganze aber nichts zu tun, setzt Schmiege hinzu. Die geplante Gesetzesänderung beruhe auf dem von Bergner ausgerufenen Sparsamkeitskurs seiner Landesregierung.

Inzwischen hat auch in Regierungskreisen die Suche nach einem möglichen Bauernopfer im Rahmen der neuen Gehälteraffäre begonnen. Der Stuhl von Eberhard Schmiege wackelt bereits ganz beträchtlich. Ex-Finanzminister Böhmer verkündete jedenfalls, daß Schmiege die erneute Zahlung der Amtszulage und die Nachzahlung der 14 Monate ausgesetzten Zulage eigenmächtig und ohne jede Absprache mit ihm angewiesen habe.

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