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Archiv-Artikel

König Hoffmann verprellt Untertanen

In Braunschweig ist unter Oberbürgermeister Gert Hoffmann vieles anders als in anderen Städten. Der neueste Coup des Christdemokraten: Die städtischen Finanzen erläutert er nicht mehr dem Rat der Stadt, sondern vor geladenen Gästen

VON DANIEL WIESE

Die Dornse ist in Braunschweig so etwas wie die gute Stube der Stadt. Der Saal liegt im Altstadt-Rathaus, an den Wänden hängen Gemälde und Wandteppiche. Dies, so muss es dem Braunschweiger Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) gedeucht haben, sei der richtige Ort, um seine Haushaltspläne zu erläutern – vor etwa 100 geladenen Gästen.

Normalerweise werden solche Dinge im Stadtrat besprochen, in Braunschweig steht der Haushaltsplan aber erst im Dezember auf dessen Tagesordnung – und wie schon im vergangenen Jahr wird nicht der Oberbürgermeister sprechen, sondern sein Finanzdezernent.

„Ich bin seit sieben Jahren Ratsherr hier, aber es gibt immer noch Steigerungen“, wütet nun Udo Sommerfeld, der Braunschweiger Fraktionschef der Linken. Er selbst war zu dem Vortrag erst im Nachgang eingeladen worden, hatte die Teilnahme aber abgelehnt. „Nachdem Sie in der vergangenen Woche erklärt haben, dass die Linke nicht zu den von Ihnen Auserwählten gehört, haben Sie mir gestern nun doch eine Einladung zukommen lassen“, schrieb Sommerfeld in einem Offenen Brief an den OB. „Das bedauere ich sehr.“

Vor den geladenen Gästen in der Dornse verkündete Hoffmann der Braunschweiger Zeitung zufolge, dass er weiter in Großprojekte investieren wolle, um im „nationalen Konkurrenzkampf der Großstädte“ zu bestehen. Dafür müssten die Zuschüsse an Vereine gekürzt werden.

Allein 28 Millionen solle das „neue Spaßbad“ kosten, kritisiert Sommerfeld – während gleichzeitig alle Stadtteilbäder geschlossen würden. Doch es geht ihm nicht nur um die Inhalte, sondern auch um den Stil: Der Vortrag in der Dornse sei eine Veranstaltung der Art „Der Oberbürgermeister erklärt die Lage der Welt“ gewesen, sagt Sommerfeld: „So wird das gelaufen sein, ich war ja nicht dabei.“

Eine andere Strategie verfolgt die Fraktion der Bürgerinitiative Braunschweig (BIBS), die ebenfalls nicht eingeladen wurde. In dem Offenen Brief, den ihr Fraktionsvorsitzender Frank Gundel an Hoffmann schrieb, brachte er höflich seine „Verwunderung“ zum Ausdruck, nicht zur Teilnahme an einem so wichtigen Vortrag gebeten worden zu sein. Die nachträgliche Einladung nahm Gundel jedoch an. Seine Fraktion sei sehr daran interessiert, „Informationen, die eigentlich in die Haushaltsdebatte des Rates gehörten“, mitzubekommen.

„Über die Frage, wen er zu solchen Veranstaltungen einlädt, nimmt der Oberbürgermeister nicht öffentlich Stellung“, teilt seine Pressestelle auf Anfrage mit. Gert Hoffmann regiert in Braunschweig mit einer Mehrheit aus CDU und FDP, auch die SPD hat er oft an seiner Seite. „Er hat überall eine Mehrheit, aber das reicht ihm nicht“, sagt der Linke Sommerfeld.

Hoffmann ist schon öfter durch seinen unkonventionellen Regierungsstil aufgefallen: Im Juli vergangenen Jahres drohte er dem Braunschweiger Friedenszentrum, er werde die Zuschüsse streichen, wenn sich das Zentrum nicht von einer Bürgeranfrage distanziere, in der die Braunschweiger Patenschaft für eine Korvette der Bundesmarine kritisiert worden war.

Im April 2007 hatte der stramm konservative Hoffmann versucht, Auftritte des Satirikers und taz-Kolumnisten Hartmut El Kurdi zu verhindern, indem er die städtischen Institutionen anwies, sich nicht mehr an Veranstaltungen mit diesem zu beteiligen – wegen dessen angeblich „unflätiger Kritik“. Später ruderte Hoffmann zurück, verkündete seinen Sinneswandel jedoch nicht etwa persönlich. Stattdessen ließ er den vor seinem Büro wartenden Bürgern ausrichten, er habe es nicht nötig, mit ihnen zu sprechen – die 58 Prozent, die ihn gewählt hätten, würden ihm reichen.

Das nächste Jahr hat OB Hoffmann in Braunschweig zum Festjahr erklärt – ein weiteres Großprojekt, im Gedenken an Otto IV. von Braunschweig. Der wurde 1209 zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt.