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Köln, Kunst, KriseFür die Baselitze dieser Welt

■ Die Kunstmesse Art Cologne setzt in der Krise auf den gediegenen Geschmack

Köln ist Köln, und alles andere ist alles andere – diese Litanei war am Samstag in den Kölner Messehallen, wo die 30. Art Cologne eröffnet wurde, des öfteren zu hören. Bloß nicht nach Osten schauen! Daß in Berlin vor einer Woche mit dem European Art Forum eine weitere Messe für zeitgenössische Kunst ins Leben gerufen wurde, war in Köln Tabuthema. Konsolidierung heißt das Programm. Man setzt auf edle Museumskunst, arrivierte Sammler und potente Kultursponsoren – als hätte es den Zwist, der zur Abspaltung von 25 Galerien und deren Neuansiedlung an der Spree führte, nie gegeben.

Die Messe sei zu groß, zu konturlos, brauche mehr Profil, so hatten damals die Vorwürfe gelautet. Das Ergebnis: Die Art Cologne schrumpfte von der stattlichen Zahl von 350 teilnehmenden Galerien auf jetzt gerade mal 279 – ohne merkliche Veränderung, zumal die Ausstellungsfläche dieselbe bleibt. Die Unterschiede liegen woanders. Wer durch die Halle 5 wandert, erkennt sie: Die Halle 5 war einmal der Katzentisch, an dem neue Tendenzen der Gegenwartskunst ihren Platz fanden, jetzt findet hier Business as usual statt. Die alte Halle 5 ist tot.

Statt dessen sieht alles so aus wie im ersten Stockwerk der Messehallen – also so wie immer: wertvolle, kunstgeschichtlich sanktionierte Arbeiten, die jedem Museum zur Ehre gereichen würden – Fresken von Picasso, Gemälde von Vlaminck, Zeichnungen von Matisse. Immerhin: Es gibt ja die Förderkojen für junge Künstler, ein allerdings marktgerechtes Programm. Bei ars futura aus Zürich stellt Daniele Buetti Papierfotos von Models aus, denen er Narben und Tätowierungen zufügt – der Preis wird pro Quadratmeter berechnet. Die am Rechner generierten Kunststoffskulpturen von Mathias Lanfer (André Buchmann, Köln) sehen aus wie superteure Illustrationen zur Chaostheorie für ein Wissenschaftsmagazin.

Es paßt zum Gesamteindruck, daß Robert Wilson eine Installation in die Art Cologne implantieren durfte: „The Waterjug Boy“ ist Wilson at his best, ein in gedämpften Farben gehaltener Chill-out-Room für die ältere Generation, die in diesen Messetagen vornehmlich sich selbst feiert.

Seit 1967 gibt es die Art Cologne, und die blickt heute eher in die Geschichte zurück als voraus. Mit einer Ausnahme allerdings: Die mit 20.000 Mark dotierte Ehrung des Vorstandsvorsitzenden der Hugo Boss AG, Peter Littmann, ist wahrhaft zukunftsweisend. Bisher waren mit dem Art- Cologne-Preis eher Galeristen und Kunstvermittler ausgezeichnet worden, nun trifft es einen Sponsor, der zusammen mit dem New Yorker Guggenheim-Museum eine große Baselitz-Retrospektive auf die Beine gestellt hat und im letzten Jahr den umstrittenen deutschen Biennale-Beitrag von Katharina Fritsch und Thomas Ruff in Venedig „präsentierte“. Um die Sakko-Firma aus dem Altherren-Ghetto herauszuholen, will Littmann „nicht allein die Baselitze dieser Welt“ fördern.

Sponsoring, da sind sich die Macher der Art Cologne sicher, gehört die Zukunft. Den Kölner Galerien offensichtlich nicht. Von den über hundert Ansässigen sind auf der Messe gerade mal um die 30 vertreten; das war früher anders. Vor allem die Jungen fehlen; sie haben sich außerhalb der Messe zum Kollektiv- Event „apropos Cologne“ zusammengeschlossen. Auch das sieht Gerhard Reinz, Vorsitzender des Bundesverbandes deutscher Galerien, gelassen: „Wir befinden uns auf dem aufsteigenden Hügel“, befand er hoffnungsvoll. Damit kann er nur das Alpenvorland gemeint haben.

Die Art Cologne hat sich gedanklich gen Süden aufgemacht, in Richtung Basel, der immer noch konservativsten aller Messen. Das Problem ist nur: Man ist auf halbem Wege gestrandet. Holger Liebs

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