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KoalitionskrachEiszeit an der Förde

CDU und SPD in Schleswig-Holstein streiten über Schuldenbremse, beitragsfreie Kitas und Personalabbau. Dennoch beteuern beide Parteien, am Bündnis festhalten zu wollen.

Tri-tra-trallala / die Kieler Koalition bleibt wohl doch noch eine Weile da. Bild: dpa

Übersteht die Große Koalition in Kiel das Wochenende? Am Sonntagmorgen kommen die Spitzen von CDU und SPD erneut zusammen, nachdem am Mittwoch ein Treffen ergebnislos endete. Danach schätzten Vertreter beider Parteien die Chance auf einen Bruch des Zweckbündnisses hoch ein, doch gestern sendete die SPD Friedenssignale über den Graben, der zwischen den dauerverzankten Partnern liegt.

Streitfragen sind der Einbau einer Schuldenbremse in die Landesverfassung, beitragsfreie Kitas und Personalabbau im Landesdienst. Bis 2020 möchte die CDU 5.000 Arbeitsplätze streichen, unter anderem bei Polizei und Schule - beides sozialdemokratisch geführte Ressorts. Die Gewerkschaften der Lehrer und der Polizei protestierten sofort, doch statt ihnen zur Seite zu springen, sagte Innenminister Lothar Hay (SPD) gestern, "deutliche Einsparungen" wären "auch für eine von der SPD geführte Landesregierung nicht zu vermeiden".

Entspannungssignale gab es auch bei der Schuldenbremse. In der gestrigen Landtagsdebatte traten statt der verfeindeten Spitzen, SPD-Chef Ralf Stegner und CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen, die Finanzfachleute der Fraktionen ans Pult. Frank Sauter (CDU) erläuterte, seine Partei wolle die Bremse, die ab 2020 neue Kredite verbietet. Die SPD will eine flexiblere Lösung sowie eine Altschuldenregelung. Doch die finanzpolitische Sprecherin Birgit Herdejürgen machte deutlich: "Wir wollen weg von der Neuverschuldung. Wir sind bereit, die nötigen Schritte zu gehen." Auch "harten Einschnitten" werde sich die SPD nicht verschließen.

Am Mittwoch saßen die Großkoalitionäre sechs Stunden zusammen, das Ergebnis war ebenso dünn wie die offiziellen Statements: Die Probleme seien "intensiv erörtert" worden, sagte Stegner und beide Seiten beteuerten, am Bündnis festhalten zu wollen. Carstensen betonte, die Vertagung sei nicht vereinbart worden, um die Koalition platzen zu lassen. "Das hätte man auch am Abend haben können", sagte er.

Die Stimmung zwischen den Partnern ist schlecht - doch ein Arbeitsklima auf Eisschrankniveau ist seit Jahren üblich an der Förde. So ist es normal, dass nach Reden des Ministerpräsidenten auf den SPD-Bänken eisige Ruhe herrscht, während CDU-Abgeordnete einem FDP-Kollegen zujubeln, wenn er den Erzfeind Stegner in die Zange nimmt.

Von einem Bruch der Koalition würde angesichts der politischen Großwetterlage die CDU am meisten profitieren. Knallt es jetzt, könnte die Landtagsabstimmung parallel zur Bundestagswahl im September stattfinden, ein schwarz-gelber Sieg wäre wahrscheinlich. Wurstelt die Koalition bis Mai 2010 weiter, könnte sich das Stimmungsbarometer zugunsten der SPD gedreht haben. Am Sonntag herrscht doppelter Zeitdruck: Es geht nicht nur um die Frist bis zur Bundestagswahl, sondern auch um Peter Harry Carstensen. Der plant für den Nachmittag einen Bummel mit den Enkeln über die Kieler Woche.

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