■ Koalition steht, Sparen fängt an: Jeder muß bluten
Zwanzig Mark für Bibliothekennutzung? – Na und! Ein Kind mehr pro Klasse, und die Lehrer arbeiten eine Stunde mehr? – Kein Problem! Kein Nulltarif mehr für Sportplatznutzer? – Nicht zuviel verlangt für ein Hobby. Erhöhung des bei zehn Prozent liegenden Kostendeckungsgrades von Volkshochschulen? – Vertretbar!
Wer jetzt aufschreit und Verelendungsszenarien an die Wand malt, der will die prekäre Situation Berlins nicht akzeptieren. Mit einer Sozialarbeiterhaltung, die alles für unzumutbar hält, ist kein Staat mehr zu machen. Selbstverständlich muß darüber politisch gestritten werden, wo die großen Brocken einzusparen sind – am Zwang zum Sparen auf allen Ebenen aber wird das nichts ändern. Wer die Bewag nicht verkaufen will und gleichzeitig gegen die Bibliotheksgebühren wettert, macht sich unglaubwürdig.
Auch der ÖTV-Vorsitzende, der beim Stichwort Stellenabbau gern von französischen Verhältnissen munkelt, weiß viel zu gut, was ansteht – oder wird es wieder wissen, wenn er Ende des Monats in sein Amt wiedergewählt wird. Nur wenn die Gewerkschaft bei der Verwaltungsreform aktiv mitarbeitet, kann sie etwas erreichen. Anderenfalls werden ohne die ÖTV die Verwaltungsleistungen auf die Privatisierungsschiene gebracht oder Personal abgebaut.
Eines darf nicht verspielt werden: Das Wissen, daß Berlin nahezu pleite ist und die Ausgaben um 23 Milliarden Mark kürzen muß, muß endlich in allen Köpfen ankommen. Fünf Jahre zu spät, weil die CDU und SPD zu feige waren, früher die Wahrheit zu sagen – es hätte die Aufgabe erleichtert, die jetzt mit Hauruck zu bewältigen ist. Überzeugend wird der Senat bei seiner Sparkur aber nur dann sein, wenn jeder entsprechend seiner Leistungsfähigkeit daran beteiligt wird. Der Beweis steht noch aus. Gerd Nowakowski
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