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Koalition entscheidet gegen Kohlevorrangpolitik

■ Bergbausubvention „Kohlepfennig“ wird nicht angehoben / Bei gesunkenen Ölpreisen ist Kohle keine konkurrenzfähige Energiequelle

Bonn (ap/taz) - In einer Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und FDP zur Wirtschafts– und Energiepolitik wurde einvernehmlich beschlossen, den Kohlepfennig nicht weiter anzuheben. Gegen eine Anhebung des Kohlepfennigs, die für dieses Jahr gefordert wird, hatten sich vor allem die Länder Bayern, Niedersachsen und Schleswig–Holstein ausgesprochen. In einem Brief an Bundeskanzler Helmut Kohl schrieb der niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht Ende Januar: „Unabhängig davon, daß eine entsprechende Erhöhung der Strompreise der Öffentlichkeit angesichts des festzustellenden Ölpreisverfalls kaum verständlich zu machen ist, ist eine weitere Erhöhung des Kohlepfennigs auch unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten kaum vertretbar.“ Weiter setzt sich Albrecht gegen eine Regionalisierung der Abgabesätze ein. Sie würde nach seiner Meinung dazu führen, „daß in Ländern mit günstigen Strompreisen überproportional hohe Abgaben geleistet werden müssen“. Im Ergebnis bedeute dies, „daß den Ländern, die den Einsatz der Kernenergie gefördert haben, der hieraus resultierende Vorteil wieder genommen wird“. Albrecht fordert von der Bundesregierung eine Novellierung des 3. Verstromungsgesetzes, um so den Subventionsbedarf beim Einsatz inländischer Steinkohle „auf ein volkswirtschaftlich vernünftiges Maß“ zurückzuführen. In einem Brief des schleswig– holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel an den Kanzler vom 17. Februar hieß es: „Angesichts der Widerstände aus den Revierländern (die kohlefördernden Bundesländer Nordrhein–Westfalen und Saarland - d. Red.) gegen die Nutzung der Kernenergie und damit gegen eine Verbesserung der Erzeugungsstruktur auch in den revierfernen Ländern ist aber nicht einzusehen, daß der Verbraucher in Schleswig–Holstein durch einen Zuschlag zum Strompreis die vergleichsweise immer noch günstigen Preise im Ruhrgebiet und im Saarland subventionieren soll.“ Im Rahmen des Jahrhundertvertrages hatten die Elektrizitätsversorgungsunternehmen dem Bergbau die Abnahme von jährlich 40 bis 45 Millionen Tonnen Steinkohle bis 1995 zugesagt. Dies gilt jedoch nur für den Fall, daß die Kostendifferenzen durch Subventionen aufgefangen werden. 1986 hatte der Kohlepfennig rund drei Milliarden Mark eingebracht. Wegen des Ölpreisverfalls müßte er in diesem Jahre beträchtlich angehoben werden. Eine der ersten Aktivitäten der neu zu bildenden Bundesregierung und des Bundestages wäre es deshalb, die Ausgleichsabgabe aufzustocken, was wegen der Koalitionsvereinbarung jetzt gefährdet scheint. Nach Einschätzung aus Bergbaukreisen wäre im Falle der Abschaffung des Kohlepfennigs die Existenz von zwölf Zechen an Ruhr und Saar gefährdet. Damit wären rund 50.000 bis 70.000 Arbeitsplätze bedroht.

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