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Knochen = Girl

■ Gammler und Bulimie

KNOCHEN=GIRL

Gammler und Bulimie

An einem langen Holztisch in einem Berliner Hinterhaus werden die letzten Kippen in die angebrannt am Pfannenboden klebenden Nudelmahlzeitreste gedrückt, die Berliner Kindl-Dosen zischen, alle sind entspannt, es ist Zeit für Gammler und Bulimie. Knochen=Girl, die netten Verrückten, die einfach alles anders machen, liefern die elaborierte musikalische Information zu dem Hörspiel Kreuzberg. Fernsehdialoge zu verschnupften Gitarren, sinnlose Parolen zu Industrial-New-Wave, richtige Songs, die man eher aus Hamburg vermutet hätte, oder viereinhalb Minuten Totalverzerrung unter dem Titel „benzol/Schokolade“ die man garantiert nicht immer mithört, alles ist Fragment, aber kunstvolles Fragment. Das Konzept ist extrem theatralisch und trotz allem Krach feinsinnig. Alfred Hilsberg, die Verkörperung der ewigen Suche nach deutscher Musik-Forschung, hat mit diesem Griff nach Berlin die gehäutete Stimmung des Aufbruchs Anfang der 80er wieder in seinen Hamburger Laden geholt und für uns attraktiv gemacht. Daß der Krach der Straße, übersetzt in unhöfliche Musik, sich mit so charmanten Sprech- und Singstimmen glasiert, führt zu der Sympathie, die dieses abgerissene Produkt provoziert. Nichts für schwache Nerven, aber Musik für den Sommer der Künstler, bei denen nur der Humor pathetisch ist. Rücksichtslosigkeiten ohne Misanthropie bringt eben Kultur. Till Briegleb

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