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Kniefall der DDR–Kirche vor dem Staatsratsvorsitzenden

■ DDR–Kirche läßt unbequeme Basisveranstaltung ausfallen / Rücksichtnahme auf den Staat Kirchentag 1987 soll nicht gefährdet werden / „Denkpause“ für die „Friedenswerkstatt“

Ost–Berlin (ap) - Erstmals hat die Führung der evangelischen Kirche in der DDR aus Rücksichtnahme auf die Regierung eine traditionelle Friedensveranstaltung von kirchlichen Basisgruppen abgesagt. Dies geht aus einem zu Beginn der am Sonntag eröffneten „Friedensdekade“ bekanntgewordenen „offenen Brief“ der Kirchenleitung in Berlin–Brandenburg „an die Friedenskreise und Friedensgruppen in Berlin“ hervor. In dem von Superintendent Günter Krusche unterzeichneten Schreiben heißt es, daß die Kirchenleitung „im Jahr 1987 keine Friedenswerkstatt durchzuführen“ beabsichtigt. Die „Friedenswerkstatt“ ist ein aus der unabhängigen Friedensbewegung hervorgegangenes Forum für basisdemokratisch orientierte Gruppen in der DDR–Kirche, auf dem Fragen der Diskriminierung von Randgruppen besprochen und verstärkt Ökologieprobleme behandelt werden. Die Kirchenführung fordert in ihrem bereits am 29. September abgeschickten Brief eine „Denkpause“ für die „Friedenswerkstatt“, spricht von deren fehlen dem „theologischen Gehalt“, von „schwindender Qualität“ und beklagt „massive Kommunikations– und Verständigungsprobleme zwischen Kirchenleitung und Friedenswerkstatt“. Eine „Vertrauensbasis“ sei derzeit nicht gegeben, wird hinzugefügt. Hauptgrund für die Absage dürfte jedoch die unter Punkt sechs der Begründung angeführte „Situation im Vorfeld des Kirchentages 1987“ sein. Die Kirche sorgt sich nach wie vor um die Veranstaltung in Ostberlin, da der Magistrat bisher keine Bereitschaft erkennen ließ, öffentliche Plätze und Hallen zur Verfügung zu stellen. Krusche weist in seinem Brief zwar die „Verdächtigung“ zurück, „um des Kirchentages willen werde die Arbeit der Friedenswerkstatt geopfert“, doch gleichzeitig gesteht er eine „angespannte politische Situation“ ein. Gemeint ist auch das 750–Jahr–Jubiläum Berlins. Der Diskussionstermin ist exakt zu der Zeit angesetzt, an der die umstrittenste Veranstaltung der zehntägigen „Friedensdekade“ auf dem Programm steht: die Premiere des neuen Programms des Protestsängers Stephan Crawczyk in der Samariter–Kirche unter dem Titel „Pässe, Parolen“. Gerade die zahlreichen Auftritte des bei staatlichen Veranstaltungen verbotenen Liedermachers betrachtet die Kirchenleitung seit langem mit großem Mißtrauen. Inwieweit der von vielen erwartete Konflikt zwischen Kirche und vielen ihrer Basisgruppen in der Dekade offen ausgetragen wird, bleibt abzuwarten. Die Sorge über eine Vereinnahmung der Kirche durch den Staat war schon auf der letzten Erfurter Bundessynode ein Thema gewesen. Die Synodalen hatten freilich meist nur hinter vorgehaltener Hand Kritik an der Leitung des Kirchenbundes geübt, die ohne große Absprachen mit den Gemeinden an einer staatlichen Veranstaltung teilgenommen hatte. In diesem Zusammenhang sei auch durch die Berichterstattung der staatlich kontrollierten DDR– Medien, so der Erfurter Probst Heino Falcke, der „Eindruck einer Vereinnahmung unvermeidlich“ gewesen. Die Medien hätten „in verzerrter Form“ über das Gespräch zwischen den Vertretern der Kirche und des Staates berichtet.

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