: Klöckner-Kunde Gatoil
Berlin (taz) - Geht man nach einem Bericht des in Zürich erscheinenden Wirtschaftsmagazins 'Bilanz‘, hat sich das so seriöse Handelshaus Klöckner & Co mit der Firma Gatoil und deren Eigentümer Ghattas einen überaus illustren Partner für seine Rohöl-Termingeschäfte ausgesucht. Vor allem die Zahlungsunfähigkeit von Gatoil soll dem Duisburger Unternehmen die Verluste besorgt haben, die auch dann noch riesig bleiben, wenn sie inzwischen auf vermutlich 500 bis 600 Mio herunterrevidiert wurden. Die Klöckner-Angaben über die Bedeutung Gatoils für die Verluste schwanken zwischen „nicht ganz unbedeutend“ und „überwiegend“.
In der Ausgabe vom März diesen Jahres schreibt das Blatt, daß Vertreter schweizer Spitzenbanken schon im November '87 nach einer stürmischen Sitzung den Verwaltungsrat von Gatoil verlassen haben. Einer der zurückgetretenen Bankiers gegenüber 'Bilanz‘: „Wir wollen nicht für diesen Herrn bürgen“.
Der „Herr“ ist der libanesische Unternehmer Khalil J.Ghattas, der 1977 in der Schweiz sein Steuerdomizil errichtete . Schnell hintereinander kaufte Ghattas die maroden eidgenössischen Ableger der Tankstellen-Ketten von Total (1979) und Texaco (1983) sowie das World Trade Center II in Genf (1982). Besonders lukrativ war die Übernahme einer Drittel-Beteiligung von Esso an der - gleichfalls defizitären - Raffinerie von Collombey: als Raffineur bekam Ghattas Zugang zu den Handelsorganisationen der OPEC-Länder. Schlagartig wurde Ghattas ein bedeutender Öl-Händler. Eine Reihe von Großbanken begannen mit der Vergabe großer Kredite.
Der Bruch mit den Geldhäusern und seinen Händler-Kollegen kam 1986: Ghattas konnte Verträge über Öllieferungen nicht einhalten - die Kette von Käufern und Wiederverkäufern brach zusammen. Dutzende von Ölhandel-Gesellschaften gingen in Konkurs, Gatoil selbst soll 80 bis 100 Millionen Dollar verloren haben. Die Branche schnitt ihn, Ghattas legte sich immer wieder mit einzelnen Firmen an. Im Spätsommer '87, so 'Bilanz‘ weiter, soll Ghattas erfolglos nach einem 100 -Millionen-Dollar-Kredit zu 12 Prozent Zinsen gesucht haben. In Hamburger Ölhändler-Kreisen kursieren Gerüchte, nach denen bekannt war, daß Gatoil Klöckner vorgeschoben habe, um überhaupt noch an Kunden zu gelangen.
Ob Wolfgang Zeschmar, der unter „Verdacht der Untreue“ festgenommene Chef-Rohöl-Händler von Klöckner, vom Zustand Gatoils etwas gewußt hat, mochte ein Firmensprecher gestern nicht bestätigen - das versuche derzeit die Staatsanwaltschaft festzustellen.
diba
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen