Klimawandel in der Arktis: So wenig Eis wie nie zuvor

Die Eisausdehnung in den nördlichen Polargebieten ist auf einem Rekordminimum. Die Sommerschmelze dauert noch mehrere Wochen.

Für die Schifffahrt von Vorteil, sonst eher ein Alarmsignal: Zu wenig Eis im Norden. Bild: reuters

BERLIN taz | Dramatisches Zeichen für den rasanten Klimawandel: In dieser Woche ist die Eisausdehnung in der Arktis auf den niedrigsten jemals gemessenen Wert geschrumpft. Am Freitag bedeckte das Eis nach Angaben des Arktiseis-Monitors Jaxa noch eine Fläche von 4,19 Millionen Quadratkilometern.

Das bisherige Minimum der Eisausdehnung war Ende September 2007 gemessen worden. Damals betrug die Eisausdehnung 4,25 Millionen Quadratkilometer. Die Satellitenmessungen der Eisausdehnung begannen in den 1970er Jahren; die Eisschmelze in der Arktis gilt als wichtiges Frühwarnsystem für den globalen Klimawandel.

Da die Eisschmelze im arktischen Sommer üblicherweise bis in den September anhält, dürfte das Minimum von 2007 in diesem Jahr weit unterschritten werden. Schon jetzt ist die Eisausdehnung in den arktischen Meeren rund 60.000 Quadratkilometer kleiner als beim damals gemessenen Minimum – das entspricht einer Fläche, die größer als die der Niederlande ist.

Die Sommer mit immer niedrigeren Eisausdehnungen häufen sich in den letzten Jahren: 2012 wird ein neuer Rekord, davor hatten schon die Sommer der Jahre 2007, 2011 und 2008 sehr niedrige Werte erreicht.

Von der Unterseite her abgeschmolzen

Neben den hohen Temperaturen – im Juli wurden an der grönländischen Süd- und Westküste über 20 Grad gemessen – brachten in diesem Jahr weitere Wetterextreme das Eis zum Schmelzen. Anfang August bildete sich in der Arktis ein außergewöhnlich starkes Sturmtief. Der anhaltende Sturm setzte der Eisdecke offenbar stark zu: Durch Wind und Wellen brach sie, und die Schollen wurden auseinandergetrieben, was das Tauen erleichterte. Möglich ist auch, dass wärmeres Wasser aus tieferen Meeresschichten nach oben gelangte; dadurch könnte die Unterseite des Eises schneller abgeschmolzen sein.

Während die Schifffahrt von der Eisschmelze profitiert – der Seeweg durch die Arktis von Europa und der US-Ostküste nach China und Japan ist deutlich kürzer als der übliche Weg –, leiden vor allem die Eisbären unter dem schmelzenden Eis. Ihnen wird dadurch die Jagd auf Robben erschwert; oft müssen sie hunderte Kilometer schwimmen, um dann völlig entkräftet in den Jagdrevieren anzukommen.

Auch das grönländische Inlandseis, das aus Süßwasser besteht, ist in diesem Sommer so stark geschmolzen wie noch nie. Dass im Sommer Teile der an manchen Stellen kilometerdicken Eisschicht auf dem grönländischen Festland antauen und im Winter wieder zufrieren, ist nichts Besonderes.

Normalerweise taut etwa die Hälfte der Eisfläche an, in diesem Jahr war dies aber fast überall der Fall. Das führte zu Hochwasser in den Flüssen, die das Schmelzwasser ins Meer befördern. Teilweise wurden Wege und Brücken von den Wassermassen mitgerissen. Wichtiger noch ist: Je mehr grönländisches Inlandseis dauerhaft abschmilzt, umso stärker steigt der globale Meeresspiegel an.

Auch von der anderen Seite der Welt gibt es beunruhigende Nachrichten. Nach einer neuen Studie britischer Forscher ist die antarktische Halbinsel, südlich vom argentinisch-chilenischen Feuerland gelegen, eine der sich am schnellsten erwärmenden Regionen der Welt. Demnach hat sich dort die saisonale Temperatur seit 1958 um 3 Grad erhöht. Besonders dramatisch ist, dass von der antarktischen Halbinsel immer wieder riesige Gletscher ins Meer abrutschen – und dort schmelzen.

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