Klimawandel-Skeptiker: Ihre Argumente - und die Widerlegung
Die Wissenschaft ist sich über die Basisfragen zum Klimawandel einig wie selten. Für alle Zweifler hier noch einmal die wichtigsten Argumente.
"Beim Klimawandel gibt es einen größeren wissenschaftlichen Konsens als bei allen anderen naturwissenschaftlichen Fragen", sagt der US-Klimaforscher James Baker, "ausgenommen vielleicht das zweite newtonsche Gesetz der Dynamik". In der Öffentlichkeit kommt davon selten etwas an. Immer wieder melden sich mehr oder weniger obskure "Klimaskeptiker" zu Wort, die den Konsens zum Klimawandel anzweifeln. Ihre Argumente sind eine Mischung aus tatsächlich offenen Fragen, längst widerlegten Ansichten und schlichten Fälschungen - begierig aufgegriffen von Medien, die "beide Seiten" des Problems darstellen wollen und sich gegen vermeintliche "Denkverbote" wehren. Dabei gibt es auf fast alle Argumente der "Skeptiker" gute Antworten. Wir wissen nicht, wie morgen das Wetter wird. Wie sollen wir dann das Klima in hundert Jahren voraussagen? Der Einwand klingt logisch, stimmt aber nicht. Denn "Wetter" ist nicht "Klima". Wetter ist chaotisch und von vielen Faktoren beeinflusst. Klima ist der Durchschnitt der Wetterdaten aus 30 Jahren. Chaotische Ereignisse werden über diesen langen Zeitraum statistisch ausgeglichen. Wenn sich aber die Rahmendaten für das Klima ändern (etwa durch eine veränderte chemische Zusammensetzung der Atmosphäre), verschiebt sich das ganze System in eine bestimmte Richtung: Es wird, z.B. im globalen Durchschnitt wärmer. Computermodelle bilden die Realität nicht ab Wie gut ein Klimamodell ist, zeigt sich daran, ob es seinen schwersten Test besteht: Das Wetter der Vergangenheit aus den Ausgangsdaten der Vergangenheit zu rekonstruieren. Das schaffen die Modelle inzwischen mit hoher Verlässlichkeit - teilweise sogar für Regionen mit einer Auflösung von 10 mal 10 Kilometern, wie das deutsche "Wettreg"-Modell. Was die Modelle darstellen, hängt von den Ausgangsdaten ab. Es gibt verschiedene Modelle, die leicht differieren und es gibt verschiedene Szenarien über den Ausstoß von Treibhausgasen. Unterschiede gibt es also immer zwischen den Modellen. Die Forscher verstehen wichtige Funktionen des Klimasymstems noch nicht. Das stimmt. Wie und wo genau Kohlenstoff im Boden gebunden und freigesetzt wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Auch geben die Wissenschaftler offen zu, dass sie noch nicht wirklich verstehen, ob etwa Wolkenbildung die Atmosphäre in der Summe aufheizt (weil sie die Hitze am Boden hält) oder abkühlt (weil sie Schatten spenden). Der indirekte Vorwurf, die Modelle würden die Klimaentwicklung übertreiben, trifft allerdings nicht zu - ganz im Gegenteil. Da die IPCC-Modelle etwa "Rückkopplungseffekte" wie das Auftauen der Permafrostböden oder das schnelle Abschmelzen des Polareises kaum berücksichtigen, sind sie im Zweifel eher zu vorsichtig als zu alarmistisch. Der menschliche C02-Ausstoß ist viel zu gering, um für das Klima eine Rolle zu spielen In der Tat ist der Ausstoß von Kohlendioxid, den der Mensch verursacht, gering im Vergleich zu natürlichen Emissionen: Während die Menschheit jährlich etwa 22 Milliarden Tonnen Kohlendioxid durch Verbrennung fossiler Stoffe und Entwaldung in die Atmosphäre entlässt, setzt die gesamte Biosphäre umgerechnet etwa 770 Milliarden Tonnen CO2 um. Mit einem wichtigen Unterschied: Das CO2, das auf natürlichem Weg gebildet wird, wird auch wieder auf natürlichem Weg gebunden - etwa eingelagert in Holz oder gespeichert in Böden oder Ozeanen. Die Verbrennung von Kohle, Gas und Öl setzt aber das CO2 aus gerade diesen Speichern frei - es bringt deshalb die eigentlich ausgeglichene Kohlenstoff-Bilanz der Atmosphäre durcheinander. Aber Kohlendioxid macht doch nur einen Bruchteil der Atmosphäre aus Das stimmt: CO2 machte lange Zeit nur einen Anteil von 0,03 Prozent an der Atmosphäre aus, inzwischen sind es fast 0,04. Doch diese minimale Steigerung hat dazu geführt, dass sich die globale Mitteltemperatur der Erde bereits um etwa 0,8 Grad Celsius erhöht hat. Dabei kommt es in der Atmosphärenchemie vor, dass kleine Ursachen große Wirkungen haben: Auch die Ozonschicht ist verschwindend klein - aber ihre Schädigung hätte das Leben auf der Erde bedroht. 0,8 Grad, na und? Kritisch wird es erst bei 2 Grad. Atmosphäre und Ozeanen reagieren träge auf die Veränderungen. Was bei ihnen bereits abgeladen wurde und das, was wir noch emittieren, weil nicht alle Kraftwerke und Autos morgen stillgelegt werden, programmiert laut IPCC einen Temperaturanstieg auf im besten Fall 1,8 Grad Celsius bis 2099, im schlimmsten Fall 4 Grad. Eine Erwärmung von knapp 2 Grad bis Ende des Jahrhunderts ist also nicht mehr zu verhindern. Das ist die allgemein anerkannte Grenze für eine Temperaturerhöhung, die noch nicht zu irreparablen Schäden führt. Es gibt also durchaus eine Chance, den Klimawandel noch in vertretbaren Bahnen zu halten - wenn schnell damit begonnen wird. Wozu die Aufregung - früher war es zum Teil viel wärmer. Kurven, die vortäuschen, in der "mittelalterlichen Warmzeit" habe es global höhere Temperaturen gegeben als heute, sind veraltet oder gefälscht. Tatsächlich lagen auch die globalen Mitteltemperaturen schon höher als jetzt: Vor 55 Millionen Jahren stiegen die Temperaturen in wenigen tausend Jahren um 5 bis 6 Grad - das arktische Meer war damals 23 Grad warm. Grundsätzlich kein Problem - prinzipiell kann mehr Wärme bessere Lebensbedingungen bedeuten. Doch der Unterschied zur heutigen Situation ist frappierend: Erstens war der Temperaturanstieg in der Vergangenheit langsam - Pflanzen und Tiere hatten also Zeit, sich anzupassen oder die Standorte zu wechseln. Zweitens gab es noch keine Menschheit, die die allermeisten Regionen der Erde besiedelt hatte und damit die Ausweichmöglichkeiten für Tiere und Pflanzen blockiert. Und drittens gab es noch nicht hunderte von Millionen Menschen, die wie heute an den Küstengegenden oder in Trockengebieten lebten und unter einer massiven Klimaveränderung stark leiden werden. Je wärmer, desto besser wachsen Pflanzen Wärmeres Klima bringt ohne Frage Vorteile mit sich: Eine längere Vegetationsperiode, weniger Heizbedarf im Winter, bessere Aussichten für die Touristen an Nord- und Ostsee. Das aber gilt nur für die Länder in den höheren Breiten wie Norddeutschland und Skandinavien in Europa. Die Mittelmeerregion wiederum wird unter verstärkten Hitzewellen und größerer Wasserknappheit leiden, wenn die Temperaturen ansteigen - von anderen Trockengebieten auf der Erde ganz zu schweigen. Pflanzen profitieren von höheren Temperaturen und mehr Niederschlag - allerdings nur bis zu einer Grenze. Ab drei Grad Temperaturanstieg leiden auch Pflanzen unter der Hitze, sie geraten in Hitzestress und setzten mehr CO2 frei als sie binden. Die Sonne ist schuld Ohne die Solarheizung wäre das Leben auf unserem Planeten nicht möglich. Wie sehr die Sonne mit unterschiedlich starker Strahlung auf die Erwärmung der Erde Einfluss nimmt, war lange unter Wissenschaftlern umstritten. Manche meinten, der Klimawandel lasse sich durch zunehmende Sonnenaktivität erklären. Diese These gilt als widerlegt: Messreihen aus Davos zeigen, dass über die vergangenen 20 Jahre die Sonnenaktivität nicht ansteigt, sondern im Gegenteil abnimmt - eine Erwärmung ist damit also nicht zu erklären. Von "globaler Erwärmung" kann man nicht sprechen: Die untere Atmosphäre kühlt ab, die Meere werden kälter und auch in der Antarktis fallen die Temperaturen. "Globale Erwärmung" bedeutet nicht, dass überall auf der Welt die Heizung um 0,8 Grad Celsius aufgedreht wird. Globale Erwärmung bedeutet, dass sich das gesamte Klimasystem in einen instabileren Zustand bewegt, als wir ihn kennen. Das hat zur Folge, dass bislang eingespielte Klimaregeln nicht mehr gelten, dass sich Luft- und Wasserströmungen verändern können - und auch, dass bestimmte Orte erst einmal abkühlen. Das ist wohl auch bei der Antarktis der Fall: Gegen den Trend stellte eine Studie 2002 fest, dass sich das Innere des Eiskontinents leicht abkühlt - doch die Autoren selbst legten Wert darauf, dass diese lokalen Messungen kein Argument gegen den Klimawandel seien. Grund für die Abkühlung ist offenbar die Zunahme der Winde, die den Kontinent umkreisen und verstärkt warme Winde aus dem Landesinneren fernhalten. Weltweit waren die angebliche "Abkühlung" der unteren Atmosphäre und des Ozeans lange gute Argumente, dass mit den Modellen etwas nicht stimmen kann - bis sich herausstellte, dass Messfehler an den Satelliten, Wetterballons und Messflößen für die widersprüchlichen Werte verantwortlich waren. Es wird keine Erwärmung geben, weil der Golfstrom abreißt - wie bei "The Day after Tomorrow" im Kino gesehen Das wiederum ist eigentlich ein Argument für, nicht gegen, Klimaschutz: Denn die Gefahr für die "thermohaline Ozeanzirkulation", von der der Golfstrom ein Teil ist, rührt gerade von der Erwärmung der Luft und der Meere. Der "Golfstrom" hat sich offenbar bereits um 30 Prozent abgeschwächt. Ein endgültiges Abreißen dieses "Förderbandes" aus dem Süden, das tatsächlich eine kleine Eiszeit für Nordeuropa bringen könnte, gilt bisher als unwahrscheinlich. Bei weiter steigenden Temperaturen könnte diese Gefahr aber Mitte des nächten Jahrhunderts real werden. Am anderen Ende der Welt wirkt sich der Klimawandel auf die Zirkulation der Meere aber bereits viel drastischer aus: Die Erwärmung des Pazifik führt möglicherweise zu häufigeren "El Nino"- Ereignissen, bei denen traditionell im Abstand mehrerer Jahre an der Westküste Südamerikas Extremwetter wie Trockenheit und Starkregen auftreten. Gegen den Klimawandel hilft nur Atomkraft. Die Atomenergie wird das Klima nicht retten. Denn die Vision von der weltweiten Ausbreitung der Atomkraft zur Rettung des Klimas stößt auf ganz praktische Hindernisse: Für den Aufbau einer Nuklearindustrie braucht ein Land sehr viel Kapital, technisches Know-How, politische und ökonomische Stabilität und nicht zuletzt ein funktionierendes Stromnetz. Viele dieser Bedingungen liegen in den Entwicklungs- oder Schwellenländern nicht vor. Das IPCC prognostiziert insgesamt, der weltweite Anteil des Nuklearstroms am Gesamtbedarf der Elektrizität könne von jetzt 16 auf 18 Prozent 2030 ausgebaut werden - kein gewaltiger Schritt, um den Klimawandel zu bremsen.
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