Klimaschutzpaket der EU: Die EU kennt kein Energiesparen
Die Europäische Kommission stellt am Mittwoch ihr Klimaschutzpaket vor. Das Thema Energiesparen kommt darin allerdings gar nicht vor.
BRÜSSEL taz "Kleiner drehen. Abschalten. Wiederverwerten. Zu Fuß gehen. Umsteigen." Mit diesem Slogan wirbt die EU-Kommission für ihr Klimapaket, das heute dem EU-Parlament und der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Darin allerdings kommt das Thema Energiesparen gar nicht vor. Das Paket umfasst vier neue Richtlinien, mit denen die ehrgeizigen Beschlüsse des Energiegipfels vom vergangenen März umgesetzt werden sollen. Damals hatten sich die Regierungschefs allerdings neben Quoten für erneuerbare Energien, Biotreibstoff und Reduktion des Klimagases Kohlendioxid (CO2) auch Energiesparziele gesetzt.
Die Grünen im Europaparlament sehen im fehlenden Sparwillen den größten Schwachpunkt der Entwürfe, die sie ansonsten recht wohlwollend bewerten. Die ehemalige finnische Umweltministerin Satu Hassi erklärte: "In allen Studien zum Klimaschutz gilt Energieeffizienz als billigste und beste Möglichkeit, Klimagase einzusparen." Allein im Bereich der Gebäudedämmung ist aber das Einsparpotenzial enorm. Nach Berechnungen des Zentralverbands Sanitär, Heizung, Klima gehen 40 Prozent des Energieverbrauchs in der EU auf das Konto von Heizungs- und Klimaanlagen.
Erleichtert sind die deutschen EU-Parlamentarier darüber, dass die EU-Kommission von ihren Plänen abgerückt ist, einen Zertifikatehandel für erneuerbare Energien EU-weit verbindlich vorzuschreiben. Die SPD-Klimaexpertin Mechthild Rothe betont, dass bereits 18 der 27 Mitgliedsstaaten nationale Einspeisesysteme haben, die dem deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetz nachempfunden sind. "Sie funktionieren noch nicht alle so gut wie in Deutschland. Ein Handel mit Zertifikaten aber würde dazu führen, dass die gut eingeführten bewährten Systeme zusammenbrechen."
In diesem Falle nämlich könnte ein deutscher Windparkbetreiber seinen Ökostrom in das EU-Land exportieren, das am meisten für die Zertifikate bezahlt, zum Beispiel ins Vereinigte Königreich. Dieser Strom käme dann der britischen Quote zugute. Deutschland könnte trotz vorbildlicher Gesetze seine Sparziele nicht einhalten und müsste vielleicht Zertifikate zukaufen.
Die von der Kommission vorgeschriebenen 10 Prozent Biosprit fließen in die jeweilige nationale Quote für erneuerbare Energien ein. Die Kommission betont, dass sie strenge Nachhaltigkeitskriterien für Biotreibstoffe vorschreiben will. Die Grünen halten diese Kriterien für nicht nachprüfbar - vor allem bei Sprit, der außerhalb der EU erzeugt wird. Von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studien stellten dem Biosprit ein vernichtendes Zeugnis aus.
Im Gesetzgebungsprozess dürften allerdings auch noch Elemente aus dem Paket gestrichen werden, die aus grüner Sicht sehr positiv sind. Das EU-Parlament hat bei der Abstimmung über die CO2-Werte für Pkws gezeigt, dass es seinem grünen Ruf nicht länger gerecht wird. Doch zunächst warten in Brüssel alle gespannt, was die EU-Kommission heute auf den Tisch legen wird. Bis zum letzten Moment wird über Details heftig gestritten, zum Beispiel zwischen Umweltkommissar Stavros Dimas und Industriekommissar Günter Verheugen, der die heimischen energieintensiven Industriesparten schonen will.
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