Klimaschutz: Solarsiedlung gasbeheizt
Pilotprojekt Karlshöhe bekommt seit mehr als einem Jahr keine Wärme mehr von seinen Sonnenkollektoren. Die ökologisch orientierten Bewohner wussten von nichts .
Die Solarsiedlung Karlshöhe ist keine mehr. Die Bewohner haben Kollektoren auf ihren Dächern, damit sie 50 Prozent ihrer Wärmeenergie von der Sonne beziehen können - und plötzlich hören sie, dass diese Kollektoren seit mehr als einem Jahr nicht genutzt werden. Stattdessen erhalten sie zu 100 Prozent Gaswärme.
Die 1997 errichtete Solarsiedlung wird durch ein System von Sonnenkollektoren, einem großen Warmwasserspeicher unter der Erde und einem gasbetriebenen Blockheizkraftwerk mit Wärme versorgt. Ein Wärmeüberschuss aus den Kollektoren wandert in den Speicher und kann bei Bedarf abgegeben werden. Sollte das nicht ausreichen, um die Häuser zu heizen und mit warmem Wasser zu versorgen, wird das Gaskraftwerk angeworfen. Das gesamte System gehört Eon Hanse - ehemals Hein Gas.
Im Juni 2008 stellte Eon fest, dass die Leitungen, die die Wärme aus dem Speicher zu den Häusern transportieren sollen, undicht sind. Der Versorger hat den Solarwasserkreislauf abgestellt und heizt die 126 Wohnhäuser seitdem allein mit Erdgas.
Nach Meinung der Bewohner erfüllt Eon Hanse damit den Wärmelieferungsvertrag nicht. "Da steht drin, dass 50 Prozent der Heiz- und Wasserenergie über die Sonne erzeugt werden", sagt Christof Gundert von der Siedlung. Volker Mielisch, Pressesprecher von Eon Hanse, muss bei der Frage, ob in dem Vertrag eine bestimme Liefermenge vereinbart sei, passen.
Dass die Bewohner erst jetzt informiert worden sind, begründet Mielisch mit internen Untersuchungen. "Wir mussten überlegen, ob das Konzept noch funktioniert", sagt er. Erst dann habe Eon seine Kunden informieren wollen. "Dass die Leitungen marode sind, kann bei einem Pilotprojekt schon mal passieren", findet Mielisch.
Wie die Siedler sagen, will Eon Hanse die Solarkollektoren ganz abbauen - und Wärme aus dem Müllheizkraftwerk Stapelfeld zur Siedlung leiten. "Das Solarkonzept ist wirtschaftlich eher nicht tragfähig", sagt Mielisch. Das heiße aber nicht, dass Eon das Projekt beenden wolle. Bevor sein Unternehmen investiere, wolle es jedoch sichergehen, dass die Bewohner den Vertrag mit Eon Hanse verlängerten. Dieser läuft aber erst in drei Jahren aus. "Wenn wir sicher sind, dass Solarwärme von unseren Dächern kommt, würden wir das machen", verspricht Christof Gundert.
Gespräche mit "Eon Hanse Wärme" sind für Ende Oktober angesetzt. Die Siedler fordern, dass Eon Gründe gegen die Instandsetzung der Leitungen nennt. Dabei soll sich klären, ob das Pilotprojekt gescheitert ist. Gundert würde das bedauern: "Wir sind doch hier hergezogen, weil wir die Kombination mit Solar gut fanden", sagt er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?