Klimaschutz und Ressourcenmangel: "Zunächst aufs CO2 konzentrieren"
Zuerst muss die Menschheit den Ausstoß von Treibhausgasen senken, sagt die Wissenschaftlerin Helga Weisz vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Das verschärft Ressourcen-Probleme.
taz: Klimaschutz ist nötig - diese Erkenntnis hat es in den Mainstream geschafft. Die Debatte über Ressourcenschutz aber wird immer noch in der Nische geführt. Warum?
Helga Weisz: Das hat drei Gründe: Erstens haben wir beim Klimawandel einen einfachen Prozess: Kohlendioxid heizt die Erde auf, mit klar zu beschreibenden Folgen. Wissenschaftler kommunizieren diesen Vorgang inzwischen überzeugend mit einer Stimme. Die Ressourcenfrage ist komplexer und daher schwieriger darstellbar. Bei Metallen zum Beispiel gibt es andere Probleme als bei Baumaterialien oder der Biomasse. Zweitens gibt es bei Rohstoffen immer eine doppelte Zielvorstellung: Einerseits braucht die Menschheit Ressourcen - andererseits muss sie möglichst nachhaltig mit ihnen umgehen. Ein klares Ziel, wie die Kohlendioxid-neutrale Gesellschaft, lässt sich so nicht formulieren. Drittens ist die Wissenschaft nicht einig. Eine einflussreiche Gruppe - nämlich die Mehrheit der Ökonomen - argumentiert, es könne keine Rohstoffknappheit geben, das würden der Markt und die technologische Entwicklung regeln.
Am Klimaschutz können sich inzwischen auch Vielflieger beteiligen, während Ressourcenschutz immer auf die Schrumpfung der Wirtschaft hinausläuft. Ist dieser Diskurs einfach zu negativ?
Die Wissenschaftlerin ist am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung Co-Leiterin des Bereichs Klimawirkung und Vulnerabilität. Sie entwirft Vorschläge, wie mit der Erderwärmung umgegangen und was gegen diese unternommen werden kann.
Wenn man genauer hinschaut, haben beide das gleiche Problem. Natürlich gibt es die Möglichkeit, die Emissionsbelastung einer Flugreise durch Zahlungen an Klimaschutzprojekte auszugleichen. Ich bezweifle allerdings die Wirksamkeit dieser Maßnahmen, das hat auch viel mit Beruhigung zu tun. Auch die Möglichkeit eines klimaneutralen Wirtschaftswachstums bezweifle ich. In der Ressourcendebatte wird versucht, den Grenzen des Wachstums auszuweichen, indem der Schwerpunkt auf Effizenz gesetzt wird, immer mehr Produktion bei weniger Material- und Energieeinsatz. Die Erfahrung zeigt, Effizienzsteigerungen werden nicht ausreichen.
Wäre es sinnvoll, den Klimadiskurs um das Rohstoffproblem zu erweitern?
Nein. Es ist notwendig, sich zunächst auf den CO2-Ausstoß zu konzentrieren. Die Verhandlungen darüber sind schon schwierig genug. Langfristig aber ist es mit einer Decarbonisierung nicht getan. Das nächste große Problem ist das der Ressourcen. Wir sollten also beginnen, die verschiedenen Lösungsansätze für den Klimaschutz systematisch daraufhin überprüfen, was sie für den Ressourcenverbrauch bedeuten. Und dann die Maßnahmen wählen, die das Ressourcenproblem nicht noch verschärfen.
Haben Sie ein Negativbeispiel?
Die CCS-Technologie etwa, mit der Kohlendioxid unterirdisch gespeichert wird. Trägt die zur Ressourcenschonung bei?
Gibt es Zielkonflikte zwischen Klima- und Ressourcenschutz?
Natürlich, das prominenteste Beispiel ist die Energieerzeugung mit Biomasse. Es gibt durchaus Formen mit einer positiven CO2-Bilanz, doch auch sie führen zu der bekannten Tank-oder-Teller-Debatte. Die landwirtschaftlich nutzbare Fläche ist nun mal begrenzt, und manche Gegenden der Erde möchte man auch für die Biodiversität übrig lassen. Es ist möglich, dass Dinge von einem reinen Klimastandpunkt aus wünschenswert wären, vom Ressourcenstandpunkt aus aber nicht.
Die Ressourcenfrage ist wichtig, aber es ist derzeit nicht möglich, sie oben auf die Agenda zu setzen?
Dort wandert sie langsam hin. Die Diskussion auf eine politische Ebene zu heben, die Frage, was eine Politik nachhaltiger Ressourcennutzung heißen könnte - das alles ist sehr jung.
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