Klimaschutz in der Landwirtschaft: Eine Low-Tech-Klimalösung?

Die Agrar-Industrie gefährdet das Klima und die Ernährungssicherheit. Dabei gäbe es einfaches Mittel, um das Klima zu schützen und alle satt zu bekommen: Humus.

Ein grüner Traktor pflügt durch einen trockenen Acker und wirbelt dabei viel Staub auf

Landwirtschaftsszenen aus Niederbayern – im März 2022 pflügt ein Traktor ein trockenes Feld bei Feldkirchen Foto: picture alliance/dpa/Armin Weigel

Von UTE SCHEUB

Fossile Energien sind Kriegsmittel gegen Mensch und gegen Natur. Das erfahren wir jetzt erneut schmerzhaft durch den Angriff auf die Ukraine – der neben allen anderen Folgen die globalen Getreidepreise explodieren lässt.

Und das ist bekanntlich nicht der erste Krieg, der entweder mit oder um Öl und Gas geführt wird. Erinnert sei hier an die US-Intervention im Irak 2003 oder an den fast völlig vergessenen Krieg Saudi-Arabiens gegen den Jemen, wo momentan Tausende Kinder verhungern.

Weniger blutig und weniger sichtbar verläuft der Krieg gegen die Natur, wie ihn agro­indus­triel­le Konzerne weltweit mit Pestiziden und Chemiedünger, Monokulturen und schweren Maschinen führen. Aber die Folgen sind ebenfalls dramatisch: Bauernhofsterben, weil nur die Großen überleben.

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Die Auswirkungen der Landwirtschaft auf unser Klima

Hunger. Verlust von Ernährungssouveränität. Artensterben. Vergiftung des Bodens und Grundwassers. Vergiftung unzähliger Lebewesen. Verlust von Bodenfruchtbarkeit.

Und weil der Boden durch tiefes Pflügen und Ackergifte seinen inneren Zusammenhalt verliert, steigt Kohlenstoff auf und wird an der Luft zu CO2. Ein Viertel bis zur Hälfte des CO2 in der Atmosphäre stammt aus der Landwirtschaft.

Das Problem lautet also: In Form von CO2 befindet sich zu viel Kohlenstoff in der Luft, im Boden gibt es zu wenig. Die Lösung: Den Kohlenstoff wieder in der Erde speichern, also da, wo er dringend gebraucht wird. Das Schlüsselwort hierfür heißt Humusaufbau. Humus besteht zu gut der Hälfte aus Kohlenstoff und ist ein Garant für Bodenfruchtbarkeit.

Er schützt vor Extremwetter, weil er pro Hektar über 50.000 Liter Wasser speichern kann. Bei Überflutungen schafft er es sehr viel davon aufzunehmen und für Trockenzeiten zu speichern. Wer genau hinschaut, sieht, dass Flut­katas­trophen vor allem in humusverarmten Regionen stattfinden.

Das Schlüsselwort heißt: Humusaufbau

Wie geht Humusaufbau? Durch vielfältige regenerative Methoden, angefangen von tradi­tionellem „Bio“ mit Fruchtfolgen, Mischkulturen und Gründüngungen über Agroforst, Waldweiden und holistischem Weidemanagement bis zu Pflanzenkohle und Terra Preta.

Mit global 1 bis 3 Prozent mehr Humus im Boden könnten wir den Kohlendioxidgehalt der Luft entscheidend abmildern, das Klima stabilisieren und gleichzeitig für gesündere und sicherere Ernten sorgen.

Klimagerechte Agrarwirtschaft für die Zukunft

Also eine Win-win-win-Situation. Nein, Win-win-win-win: Es würden nicht wie üblich die „Großen“, sondern die „Kleinen“ gewinnen. Hochproduktive kleinbäuerliche Höfe, Mikrointensiv-Farmen und Marktgärten, wie sie jetzt schon überall auf der Welt aus der Erde sprießen.

Ein weiterer großer Hebel zur Regeneration des Planeten wäre ein „planetarischer Speiseplan“, wie sie der Klimawissenschaftler Johan Rockström und sein Team entwickelt haben. Weg von Fleisch und Milch, hin zu pflanzenbasierter Kost.

Wenn wir hauptsächlich Gemüse und Obst, Hülsenfrüchte und Nüsse verzehren, würde das riesige Mengen Land freigeben, die jetzt für Viehfutter gebraucht werden. Land, das an die Natur und ihre Artenvielfalt zurückgegeben werden könnte. Und an kleinbäuerliche Höfe.

Ein dritter Hebel ist die Wiederbegrünung der Städte. Mit Gründächern, Grünfassaden, Kaltluftschneisen, Regenwassermanagement und anderen Methoden könnten sie in hitzigen Sommermonaten um einige Grad heruntergekühlt werden und gleichzeitig an Lebensqualität gewinnen.

Ute Scheub, Mitbegründerin der taz und ihrer Ökoredaktion, wird auf dem taz lab all diese hochwirksamen Low-Tech-Klimalösungen vorstellen: „Wie wir mit Humus und Begrünung den Planeten retten können“.