Klimaschutz in Baden-Württemberg: Polizeiautos ohne Kohlendioxid
Autos, Gebäude, Ökostrom: Baden-Württemberg will seine gesamte Verwaltung klimaneutral gestalten. Im Jahr 2040 soll sie die Umwelt nicht mehr belasten.
STUTTGART taz | Welcher Minister nutzt die größte Dreckschleuder als Dienstfahrzeug? Diese Frage beantworten Umweltschützer jedes Jahr aufs Neue. Die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg will diese Liste keinesfalls anführen. Im Gegenteil: Sie strebt an, Baden-Württemberg zu einem Vorbild beim Klimaschutz zu machen und dafür als Regierung voranzugehen. „Eine Industrienation wie Baden-Württemberg trägt eine besondere Verantwortung“, sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).
Für Umweltminister Franz Untersteller (ebenfalls Grüne) gehört dazu aber weit mehr, als nur die Dienstflotte auf CO2-arme Fahrzeuge umzustellen. Regierungspräsidien, Hochschulen, Uni-Kliniken, öffentliche Kantinen, Informationstechnologien – alles, was zur Landesverwaltung gehört, soll künftig ökologisch ausgerichtet werden.
Grün-Rot nimmt sich vor, bis zum Jahr 2040 möglichst aus eigener Kraft eine weitgehend klimaneutrale Landesverwaltung zu haben. Nur Hessen und Nordrhein-Westfalen haben ähnliche Pläne. Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen will das Ziel sogar noch zehn Jahre früher erreichen. Die hessische Regierung setzt hingegen auch stark auf Kompensationen, indem sie etwa für hier ausgestoßene Klimagase Gelder für internationale Klimaschutzprojekte zahlt.
Damit will Untersteller zunächst noch warten. „Wir sollten erst einmal alles daran setzen, die Einsparmöglichkeiten, die Effizienzmöglichkeiten, aber auch das Thema Umstellung auf erneuerbare Energien voranzutreiben, bevor wir dann auch mal über Kompensationen nachdenken können“, so der Minister.
Im ersten Schritt geht es nun konkret um beispielsweise rund 8.000 Fahrzeuge vom Land, darunter vor allem Polizeiautos. Diese stoßen nach bisherigen Schätzungen insgesamt etwa 40.000 Tonnen CO2 pro Jahr aus. Hier gelte es, entweder Dienstfahrten ganz zu vermeiden, andere Verkehrsmittel zu wählen oder entsprechend energiearme Technologien zu nutzen.
Passivhäuser nach Möglichkeit
Einen noch größeren CO2-Ausstoß verursachen die landeseigenen Gebäude mit etwa 500.000 Tonnen pro Jahr, was einem Anteil von 90 Prozent am Gesamt-CO2-Ausstoß der Landesverwaltung entspricht. Hier soll bis 2020 eine Reduktion um 40 Prozent gegenüber 1990 erzielt werden, bis 2030 eine Minderung um 60 Prozent.
Um das Ziel zu erreichen, sollen künftig bei Neubauten nach Möglichkeit Passivhäuser gebaut werden; bestehende Gebäude sollen nach und nach energetisch saniert und ihr Betrieb optimiert werden. „Das hilft nicht nur dem Klima, sondern spart auch bares Geld“, sagt Finanzminister Nils Schmid (SPD). Bislang koste der Energieverbrauch in den Landesgebäuden jährlich rund 230 Millionen Euro.
Zu weiteren Maßnahmen gehört die Installation von Solaranlagen auf Landesgebäuden sowie die Umstellung zu 100 Prozent auf Ökostrom. Bislang betrage der Anteil etwa 50 Prozent.
Das Ziel der klimaneutralen Landesverwaltung ist Bestandteil des Klimaschutzgesetzes, das das grün-rote Kabinett im Februar auf den Weg gebracht hat. Darin hatte sie jedoch ihre CO2-Reduktionsziele gegenüber den Zielen der schwarz-gelben Vorgängerregierung mittelfristig nach unten geschraubt, was Opposition und Umweltschützer damals stark kritisierten. Das jetzt angeschobene Konzept für eine klimaneutrale Landesverwaltung begrüßte aber selbst die schwarz-gelbe Opposition.
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