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Klimaschutz à la Industrie

Der Lobbyverband BDI hält die Ziele des Pariser Abkommens für „zu ambitioniert“

„Klimaschutz braucht einen Investitionsturbo“

Dieter Kempf, BDI-Präsident

Von Bernhard Pötter

Klimaschutz ist für die deutsche Wirtschaft machbar und bezahlbar, solange er nicht ernsthaft versucht, das Pariser Abkommen umzusetzen. Das ist das Fazit des umfangreichen Gutachtens „Klimapfade für Deutschland“, das der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat. Eine Reduktion von 80 Prozent der Treibhausgase bis 2050 sei technologisch möglich und für die gesamte Volkswirtschaft ohne Wachstumsverluste zu erreichen, heißt es in der Studie.

Das ehrgeizigere Ziel von 95 Prozent Reduktion bis 2050 allerdings nennt der BDI „überambitioniert“ – es sei nur zu erreichen, wenn alle großen Industrieländer mitziehen. Nach dem Pariser Klimaabkommen müssten die Industrieländer sogar schon vor 2050 sogar bei 100 Prozent Reduzierung sein, um weltweit den Klimawandel auf 1,5 oder 2 Grad zu begrenzen.

Ob und wie diese Absicht überhaupt umzusetzen ist, hat sich der BDI von den Unternehmensberatungsfirmen Boston Consulting Group und Prognos errechnen lassen. Ergebnis: Mit der bisherigen Politik landet Deutschland nur bei 61 Prozent Minus. Zum Erreichen der 80-Prozent-Marke müssten über die nächsten 35 Jahre 1.500 Milliarden Euro zusätzlich investiert werden, etwa in neue Kraftwerke, Industrieanlagen oder Gebäudedämmungen. Jährlich erzeuge das Mehrkosten in Höhe von etwa 15 Mil­liarden Euro, hieß es. Rechne man dagegen, was an Energiekosten gespart werde, welche neuen Märkte entstehen und dass das Geld in Deutschland ­investiert werde, schadet das aber laut BDI nicht dem Wachstum.

Für das 95-Prozent-Ziel würden 2.300 Milliarden Euro Investitionen benötigt. Das bedeute Zusatzkosten von 30 Milliarden im Jahr – erfordere aber bisher unerprobte Technik und den Einsatz des umstrittenen CCS (Abscheidung und Lagerung von CO2). Deshalb seien 95 Prozent mit 100 Prozent erneuerbaren Energien in Strom, Wärme und Industrie und mit 31 Mil­lionen E-Autos ein „gesellschaftlicher und technischer Kraftakt und nur im globalem Konsens vorstellbar“, heißt es.

„Klimaschutz braucht einen Investitionsturbo“, meinte BDI-Präsident Dieter Kempf. Zudem sei es wichtig, dass die Politik ihren „Schlingerkurs“ beende: Die „hohen Strompreise für die Industrie, nur zwei Prozent der BDI-Unternehmen sind von den Belastungen befreit“, außerdem störe das „Schneckentempo bei der Gebäude­sanierung“ und eine fehlende Strategie für die Mobilität. Vor allem fordert die Industrie den Schutz vor Billigkonkurrenz aus dem Ausland – und freie Hand: Ein Klimaschutzgesetz, wie es die neue Groko in den Sondierungen festgelegt hat, lehnt Kempf ebenso ab wie harte Klimaschutzziele für einzelne Jahre und Bereiche wie Verkehr oder Industrie. „Unflexible Sektorziele, Technologieverbote wie beim Verbrennungsmotor oder planwirtschaftliche Instrumente wie eine E-Auto-Quote sind der falsche Weg“.

Der Deutsche Naturschutzring DNR begrüßte an der Studie, dass sich der BDI „einem ambitionierten Klimaschutz stellt“. Allerdings zeige sich, dass der Lobbyverband gespalten sei in progressive Unternehmen und Klimaschutz-Bremser. Positiv seien etwa die Forderungen nach besserer politischer Rahmensetzung und Förderung des Schienenverkehrs, auch die Hinweise auf einen höheren CO2-Preis begrüßte der DNR.

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