Klima-Verhandlungen in Bonn: Chance da, Chance verspielt
Eine bessere Atmosphäre und ein neuer Verhandlungstext machen bei der Klimakonferenz zwischenzeitlich Mut. Doch am Ende werden Fortschritte wieder blockiert.
Ohne konkretes Ergebnis ist am Freitag die Frühjahrstagung der Weltklimadiplomatie zu Ende gegangen. Dabei war die Stimmung am Freitag zunächst gut: Bis zum Nachmittag war noch ein neuer Verhandlungstext diskutiert worden, der als Grundlage der Suche nach einem neuen Klimaabkommen dienen sollte. "Mit diesem Text haben wir tatsächlich eine Grundlage, die Verhandlungen in Cancún zu einem Ergebnis zu bringen", hatte die deutsche Verhandlungsführerin Nicole Wilke gegenüber der taz geurteilt. In der mexikanischen Stadt findet im Dezember der nächste große Weltklimagipfel mit Ministern oder Staatschefs statt. Selbst Klimaschützer wie Regine Günther vom WWF sprachen von einer "guten Grundlage", durch die "verlorenes Vertrauen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zurückgewonnen" werde.
Allerdings bewirkten Änderungen dieses Textes, dass ihn viele Ländern in letzter Minute ablehnten. Russland hatte am Nachmittag ein Veto eingelegt, woraufhin die Verhandlungsführung erneut Zugeständnisse machte. Diese wiederum lehnten etwa Venezuela und Ägypten ab.
Dennoch sieht der scheidende UN-Klimasekretariats-Chef Yvo de Boer "wichtige Fortschritte" auf dem Verhandlungsparkett: Die Staaten hätten sich unter anderem in Fragen des Regenwaldschutzes und des Technologietransfers sowie bei weiteren technischen Details angenähert. Zudem liege der neue Verhandlungstext auf dem Tisch, auch wenn er von den Delegierten nicht beschlossen wurde. Bis zur nächsten Zwischenkonferenz im August in Bonn soll er nun so überarbeitet werden, dass ihn alle als Verhandlungsgrundlage akzeptieren können.
"Der vorliegende Text eignet sich tatsächlich, in Cancún zumindest Teilbereiche des künftigen Klimaregimes zu beschließen", urteilt Sven Harmeling von Germanwatch. Da sei zum einen der Waldschutz, der über einen Fonds vorangetrieben werden könnte, um CO2-Freisetzung durch Abholzungen zu verhindern. Zweitens könnte die Frage des Technologietransfers bis zum Dezember geklärt werden: Die Entwicklungsländer fordern, dass der Norden nicht nur umweltfreundliche Anlagen, etwa Windräder, zur Verfügung stellt, sondern die Technologie zu deren Herstellung. Auch hier halten die Delegierten eine Fondslösung für denkbar.
Der dritte große Fortschritt sei, dass "die unverbindliche Kopenhagen-Erklärung jetzt im Text verbindlich eingearbeitet ist", erläutert Martin Khor, Direktor des South Centre, eines Thinktanks der Entwicklungsländer. In der Übereinkunft vom Dezember letzten Jahres hatten sich die Staaten dazu bekannt, die Erderwärmung auf 2 Grad zu begrenzen. Allerdings war diese Erklärung nur zur Kenntnis genommen, nicht beschlossen worden. Jetzt soll sie verbindlich werden, was bedeuten würde, dass sich dann alle Industrie- und erstmals auch die Schwellenländer Reduktionsziele geben müssten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär